Kurzbesprechung

Rückstellungen für ein Aktienoptionsprogramm

Eine AG kann Rückstellungen für Verbindlichkeiten aus einem Aktienoptionsprogramm zugunsten von leitenden Mitarbeitern nicht bilden, wenn die Optionen nur ausgeübt werden können, falls der Verkehrswert der Aktien zum Ausübungszeitpunkt einen bestimmten Betrag (im Streitfall: 10 % des Ausübungspreises) übersteigt und/oder wenn das Ausübungsrecht davon abhängt, dass es in der Zukunft zu einem Verkauf des Unternehmens oder einem Börsen¬gang kommt. Der Grad der Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines dieser Ereignisse ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung.

BFH v. 15.3.2017 - I R 11/15

EStG § 5 Abs. 1 Satz 1
HGB § 249 Abs. 1 Satz 1


Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten setzen entweder das Bestehen einer ihrer Höhe nach ungewissen Verbindlichkeit oder die überwiegende Wahrscheinlichkeit des Entstehens einer Verbindlichkeit dem Grunde nach voraus, deren Höhe zudem ungewiss sein kann. Ist die Verpflichtung am Bilanzstichtag nicht nur der Höhe nach ungewiss, sondern auch dem Grunde nach noch nicht rechtlich entstanden, so kann eine Rückstellung nur unter der weiteren Voraussetzung gebildet werden, dass sie wirtschaftlich in den bis zum Bilanzstichtag abgelaufenen Wirtschaftsjahren verursacht ist.

Der BFH hat nun entschieden, dass die Ausgabe von Aktienoptionen an Mitarbeiter durch eine AG im Rahmen eines Aktienoptionsplans, der mit einer bedingten Kapitalerhöhung verbunden ist, nicht zu einem gewinnwirksamen Personalaufwand führt. Darüber hinaus besteht im Hinblick auf die künftige Ausgabe neuer Aktien mangels gegenwärtiger wirtschaftlicher Belastung kein Raum für die Passivierung einer Verbindlichkeitsrückstellung.

Im Streitfall bezogen sich die gebildeten Rückstellungen auch nicht auf eine künftige Ausgabe von Aktien, sondern auf die eventuellen künftigen Zahlungsverpflichtungen aus der in den Optionsbedingungen geregelten Ersetzungs- bzw. Rückkaufsbefugnis der AG. Die Rückstellungsbildung hinsichtlich der Ansprüche der Optionsberechtigten auf Barausgleich scheiterte daran, dass die Verbindlichkeiten zu den Bilanzstichtagen der Streitjahre weder rechtlich entstanden noch wirtschaftlich verursacht waren.

Denn die wirtschaftliche Verursachung einer Verbindlichkeit im abgelaufenen Wirtschaftsjahr oder in den Vorjahren setzt voraus, dass die wirtschaftlich wesentlichen Tatbestandsmerkmale erfüllt sind und das Entstehen der Verbindlichkeit nur noch von wirtschaftlich unwesentlichen Tatbestandsmerkmalen abhängt. Maßgebend ist hiernach die wirtschaftliche Wertung des Einzelfalls im Lichte der rechtlichen Struktur des Tatbestands, mit dessen Erfüllung die Verbindlichkeit entsteht. Der rechtliche und wirtschaftliche Bezugspunkt der Verpflichtung muss in der Vergangenheit liegen, sodass die Verbindlichkeit nicht nur an Vergangenes anknüpft, sondern auch Vergangenes abgilt.

Im Streitfall belegte schon allein das in den Optionsbedingungen der AG ausgegebene "Erfolgsziel", nach dem die Optionen nur ausgeübt werden können, wenn der Aktienwert zum späteren Ausübungszeitpunkt den Ausübungspreis um 10 % übersteigt, einen nicht unmaßgeblichen Zukunftsbezug der Optionsverpflichtungen der AG. Daraus folgt, dass das Optionsrecht nicht in erster Linie gewährt worden ist, um dadurch in der Vergangenheit erbrachte Arbeitnehmerleistungen abzugelten, sondern um dem begünstigten Führungspersonal eine zusätzliche besondere Erfolgsmotivation für die Zukunft zu verschaffen.

Im Streitfall war der Zukunftsbezug auch an dem weiteren Ausübungserfordernis des "Exit-Ereignisses" festzumachen. Da das Recht zur Optionsausübung für die im Betrieb verbleibenden Optionsberechtigten mit dem Eintritt des "Exit-Ereignisses" steht oder fällt, handelt es sich um ein auch aus wirtschaftlicher Sicht bedeutsames Tatbestandsmerkmal. Aus dem Fehlen einer Verbindung des Tatbestandsmerkmals "Exit-Ereignis" zu den von den Optionsberechtigten bis zu den Bilanzstichtagen erbrachten Arbeitsleistungen ergab sich jedoch zugleich der mangelnde Vergangenheitsbezug dieses Tatbestandselements.

Die Rückstellungen konnten auch deshalb nicht anerkannt werden, weil die Zahlungspflichten aus dem Optionsprogramm Bestandteil des Pflichtengeflechts aus den Arbeitsverhältnissen der Optionsteilnehmer mit der AG waren und einzelne Positionen aus schwebenden Geschäften wegen der zu vermutenden Ausgewogenheit der Vertragsbeziehungen grundsätzlich nicht zu bilanzieren sind. Die Voraussetzungen eines Erfüllungsrückstands der AG lagen daher mangels Vergangenheitsbezug der Optionsverpflichtungen nicht vor.

BFH, Urteil vom 15.3.2017, I R 11/15, veröffentlicht am 2.8.2017

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 03.08.2017 10:55
Quelle: Verlg Dr. Otto Schmidt

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