OLG Frankfurt 19.6.2017, 5 U 150/16

Veröffentlichung der geänderten Tagesordnung; Antrag auf Ergänzung der Tagesordnung

Mit Entscheidung v. 19.6.2017 – 5 U 150/16 hat das OLG Frankfurt die Entscheidung des Landgerichts Frankfurt am Main v. 27.10.2016 – 3-05 O 157/16, wonach die Veröffentlichung der geänderten Tagesordnung gemäß §§ 122 Abs. 2, 124 Abs. 2 Satz 1 AktG zeitlich vor dem Nachweisstichtag erfolgen muss, aufgehoben. Zudem kann auch ein Hauptaktionär einen Antrag nach § 122 Abs. 2 AktG auf Ergänzung der Tagesordnung stellen.

Der Sachverhalt:
Die Beklagte und Berufungsklägerin, eine Aktiengesellschaft, lud zu ihrer ordentlichen Hauptversammlung für den 31.5.2016. Die Aktien der Beklagten werden im Freiverkehr gehandelt. Die Klägerinnen und Berufungsbeklagte sind Aktionäre der Beklagten. Die Beklagte veröffentlichte am 12.5.2016 ein Verlangen einer Aktionärin nach §§ 122 Abs. 2, 124 Abs. 1 AktG über eine Ergänzung der Tagesordnung der Hauptversammlung am 31.5.2016 hinsichtlich der Beschlussfassung einer Kapitalerhöhung. Dieser vorgeschlagene Beschluss wurde in der Hauptversammlung mit der Mehrheit gefasst. Die Klägerinnen begehren die Kassation der vom 31.5.2016 beschlossenen Kapitalmaßnahme. Das Landgericht Frankfurt (v. 27.10.2016 – 3-05 O 157/16) hat der Klage stattgegeben. In der Berufungsinstanz verneint das Oberlandesgericht Frankfurt einen Anfechtungsgrund (§ 243 Abs. 1 AktG) gegen den in der Hauptversammlung gefassten Beschluss.

Die Gründe:
Ein Verstoß gegen §§ 122 Abs. 2, 124 Abs. 1 AktG ist nicht gegeben. Das Ergänzungsverlangen ist unverzüglich nach seinem Zugang zu veröffentlichen.
„Unverzüglich“ im Sinne des § 121 Abs. 1 BGB heißt „ohne schuldhaftes Zögern“. Entgegen der Auffassung des Landgerichts wird ein Endzeitpunkt nicht festgelegt. Auch aus der Aktionärsrechterichtlinie ist ein Endzeitpunkt nicht durch unionskonforme Auslegung zu ermitteln. Die Richtlinie betrifft nur börsennotierte Unternehmen und nicht andere Unternehmen, deren Aktien wie bei der Beklagten im Freiverkehr gehandelt werden.
Eine relevante schuldhafte Verzögerung der Bekanntmachung des Ergänzungsverlangens durch die Beklagte ist nicht ersichtlich.

Auch durfte der Hauptaktionär einen Antrag zur Ergänzung der Tagesordnung stellen, selbst wenn er keine Minderheit darstelle. Das Recht aus § 122 Abs. 1 oder 2 AktG ist zwar als Recht einer Minderheit ausgestaltet, nicht aber auf diese beschränkt. Dies deckt sich auch mit Art. 6 Abs. 2 der Aktionärsrechterichtlinie.

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 05.09.2017 10:45
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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