BFH 27.9.2017, II R 41/15

Mittelbare Anteilsvereinigung bei einer zwischengeschalteten Personengesellschaft ("RETT-Blocker")

Bei einer zwischengeschalteten Personengesellschaft, die unmittelbar oder mittelbar an einer grundbesitzenden Gesellschaft beteiligt ist, ist als Anteil i.S.v. § 1 Abs. 3 Nr. 1 u. Nr. 2 GrEStG - wie bei einer zwischengeschalteten Kapitalgesellschaft - die Beteiligung am Gesellschaftskapital und nicht die sachenrechtliche Beteiligung am Gesamthandvermögen maßgebend. Ein Anteilserwerb kann bei einer zwischengeschalteten Personengesellschaft zu einer mittelbaren Anteilsvereinigung i.S.v. § 1 Abs. 3 Nr. 1 u. Nr. 2 GrEStG beitragen oder führen, wenn dem Erwerber nach dem Anteilserwerb mindestens 95 % der Beteiligung am Gesellschaftskapital der Personengesellschaft zuzurechnen sind.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine nach britischem Recht errichtete Limited. Sie hatte zum 1.3.2005 alle Aktien an der A-AG erworben. Diese war zu 100 % an einer britischen Limited beteiligt, die ihrerseits 100 % der Anteile an der B-Holding hielt. Die B-Holding war zunächst zu 100 % an der grundbesitzenden D-GmbH und diese wiederum zu 99,99958 % an der grundbesitzenden E-AG beteiligt; Inhaberin der restlichen Aktien an der E-AG von 0,00042 % war die A-AG. Die E-AG hielt eine große Anzahl von Beteiligungen von mindestens 95 % an Kapital- und Personengesellschaften, zu deren Vermögen ebenfalls inländische Grundstücke gehörten.

Am 15.12.2004, also vor dem Aktienerwerb der Klägerin, war die C-KG gegründet worden. Kommanditistin mit einer Beteiligung von 100 % am Gesellschaftsvermögen wurde die B-Holding und Komplementärin mit einer Beteiligung von 0 % die C-GmbH. Die B-Holding leistete ihre Kommanditeinlage durch Einbringung eines Geschäftsanteils an der D-GmbH; nach der Einbringung war die C-KG zu 5,09 % an der D-GmbH beteiligt. Die restlichen Anteile an der D-GmbH von 94,91 % hielt weiterhin die B-Holding. Diese war auch zu 94,04 % an der C-GmbH beteiligt; die weiteren Anteile von 5,96 % an der C-GmbH hielt eine andere GmbH, deren Anteilseignerin eine Bank zu 100 % war.

Das Finanzamt, in dessen Bezirk sich die geschäftlichen Oberleitungen der grundbesitzenden D-GmbH und E-AG befanden, bat die E-AG, wegen der grunderwerbsteuerrechtlichen Relevanz des Aktienerwerbs der Klägerin eine Anzeige zu erstatten. Am 11.3.2005 zeigte die E-AG dem Finanzamt an, durch den Anteilserwerb habe in den nachgeordneten Personengesellschaften eine steuerbegründende mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes nach § 1 Abs. 2a GrEStG stattgefunden. Eine Anlage zum Schreiben enthielt Angaben zu den von der E-AG gehaltenen Anteilen von mindestens 95 % an Personengesellschaften und die Bezeichnung der diesen gehörenden Grundstücke. Weitere grunderwerbsteuerbare Sachverhalte, insbesondere eine Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG, seien nicht erfüllt worden.

Nach einer Außenprüfung vertrat das mit der Prüfung beauftragte Finanzamt die Auffassung, dass der Erwerb der Aktien an der A-AG durch die Klägerin zu einer Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG geführt habe. Für die Gründung und Zwischenschaltung der C-KG seien weder wirtschaftliche noch sonst beachtliche außersteuerliche Gründe erkennbar; insoweit sei von einem Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten auszugehen. Daraufhin stellte die Finanzbehörde gegenüber der Klägerin die Besteuerungsgrundlagen für eine am 1.3.2005 verwirklichte Vereinigung von Anteilen an der A-AG fest. Der Feststellungsbescheid betraf die inländischen Grundstücke, die der D-GmbH, der E-AG sowie den von der E-AG gehaltenen Kapitalgesellschaften gehörten.

Die hiergegen gerichtete Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.

Gründe:
Die Klägerin hatte durch den Erwerb der Aktien an der A-AG den Tatbestand der Anteilsvereinigung gem. § 1 Abs. 3 Nr. 1 bzw. Nr. 2 GrEStG erfüllt.

Gehört zum Vermögen einer Gesellschaft ein inländisches Grundstück, unterliegt nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG der Steuer - soweit eine Besteuerung nach Abs. 2a der Vorschrift nicht in Betracht kommt - ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft begründet, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 95 % der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers vereinigt werden würden. Nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG unterliegt der Steuer auch die unmittelbare oder mittelbare Vereinigung von mindestens 95 % der Anteile der Gesellschaft, wenn kein schuldrechtliches Geschäft i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG vorausgegangen ist.

Die Steuerbarkeit wird nur durch den Erwerb des letzten Anteils ausgelöst. Dabei ist der Vorgang, der zum Erwerb dieses Anteils führt, zwar das die Steuer auslösende Moment. Gegenstand der Steuer ist aber nicht der Anteilserwerb als solcher, sondern die durch ihn begründete Zuordnung von mindestens 95 % der Anteile in einer Hand. Mit dem Anteilserwerb wird grunderwerbsteuerrechtlich derjenige, in dessen Hand sich die Anteile vereinigen, so behandelt, als habe er die Grundstücke von der Gesellschaft erworben, deren Anteile sich in seiner Hand vereinigen. Die Anteilsvereinigung kann auch dadurch erfolgen, dass der Erwerber die Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft teils unmittelbar und teils mittelbar erwirbt.

Bei einer zwischengeschalteten Personengesellschaft, die unmittelbar oder mittelbar an einer grundbesitzenden Gesellschaft beteiligt ist, ist als Anteil i.S.v. § 1 Abs. 3 Nr. 1 u. Nr. 2 GrEStG - wie bei einer zwischengeschalteten Kapitalgesellschaft - die Beteiligung am Gesellschaftskapital und nicht die sachenrechtliche Beteiligung am Gesamthandsvermögen maßgebend. Die Beteiligung am Gesellschaftskapital der Personengesellschaft vermittelt, soweit sie mindestens 95 % beträgt, die rechtliche Möglichkeit für den beteiligten Gesellschafter, den Willen in der Personengesellschaft in grunderwerbsteuerrechtlich erheblicher Weise durchzusetzen.

Diese Möglichkeit hat der Gesellschafter auch in Bezug auf nachgeordnete Gesellschaften, an denen die Personengesellschaft wiederum zu mindestens 95 % beteiligt ist. Die Beteiligung an diesen Gesellschaften ist unmittelbar der Personengesellschaft und mittelbar deren Gesellschafter zuzurechnen. Für die Zurechnung zum qualifiziert beteiligten Gesellschafter ist unerheblich, dass an der zwischengeschalteten Personengesellschaft weitere Gesellschafter mit einem Kapitalanteil von weniger als 5 % oder kapitalmäßig überhaupt nicht beteiligt sind.

Ein Anteilserwerb, der zu einer mittelbaren Anteilsvereinigung i.S.v. § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG beitragen oder führen kann, setzt bei einer zwischengeschalteten Personengesellschaft, die unmittelbar oder mittelbar an einer grundbesitzenden Gesellschaft beteiligt ist, voraus, dass dem Erwerber nach dem Anteilserwerb mindestens 95 % der Beteiligung am Gesellschaftskapital der Personengesellschaft zuzurechnen sind. Ist diese Voraussetzung erfüllt, sind auch die unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungen der Personengesellschaft an den grundbesitzenden Gesellschaften dem Anteilserwerber mittelbar zuzurechnen.

Die durch Art. 26 des Gesetzes vom 26.6. 2013 (BGBl I 2013, 1809) erfolgte Einführung des § 1 Abs. 3a GrEStG, der auf Erwerbsvorgänge nach dem 6.6.2013 anzuwenden ist, rechtfertigt keine andere Beurteilung der Zurechnung von Anteilen an zwischengeschalteten Personengesellschaften für die Zeit davor rechtfertigt. Denn mit der Einführung der wirtschaftlichen Beteiligung als Anknüpfungspunkt für die Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 3a GrEStG n.F. sollen insbesondere Erwerbsvorgänge mit sog. Real Estate Transfer Tax-Blocker-Strukturen (RETT-Blocker) der Besteuerung unterworfen werden. Die neue Regelung stellt deshalb auf die unmittelbare oder/und mittelbare Beteiligung am Kapital oder am Vermögen einer Gesellschaft ab. Damit gilt nicht die sachenrechtliche Beteiligung. Vielmehr sollen alle Beteiligungen am Kapital oder am Vermögen einer Gesellschaft rechtsformneutral anteilig zu berücksichtigen sein.

Die mit der Einführung des § 1 Abs. 3a GrEStG n.F. verbundene Intention des Gesetzgebers schließt es jedoch nicht aus, bereits für frühere Anteilserwerbe auch bei einer zwischengeschalteten Personengesellschaft - wie bei einer zwischengeschalteten Kapitalgesellschaft - auf die Beteiligung am Gesellschaftskapital abzustellen. Insoweit werden mittelbare Beteiligungen an grundbesitzenden Gesellschaften im Rahmen des § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG rechtsformneutral behandelt. Wenn der Senat im Urteil v. 8.8.2001 (Az.: II R 66/98) noch zu einer Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG in der für 1989 geltenden Fassung entschieden hat, dass bei einer Personengesellschaft, die an einer anderen Gesellschaft beteiligt ist, die gesamthänderische Mitberechtigung am Gesellschaftsvermögen der Personengesellschaft für eine Zurechnung der Anteile an der anderen Gesellschaft maßgeblich sein soll. So hält er an dieser Rechtsauffassung nun nicht mehr fest.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 29.01.2018 13:54
Quelle: BFH online

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