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Die neuen Leitlinien der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde zur internen Governance von Instituten und der Eignungsprüfung - Eine Betrachtung aus Sicht des Aufsichtsrats (Henning/Gissing, AG 2018, 93)

Die neuen Leitlinien der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) beeinflussen die Organisationsautonomie des Aufsichtsrats eines Instituts deutlich, dies insbesondere im Hinblick auf die Zusammensetzung des Aufsichtsrats und die Bildung von Ausschüssen. Ein wichtiges Thema bildet der neue Katalog mit Regelbeispielen zur Bestimmung der Unabhängigkeit von Aufsichtsratsmitgliedern. Hinzu kommen deutlich steigende Anforderungen an die Dokumentation der Aufsichtsratsarbeit, die weit über die Protokollierung von Sitzungen hinausgehen. Der Beitrag zeigt erste Lösungsansätze für die praktische Umsetzung ausgewählter Regelungen auf. Angesichts der Vielzahl von Regularien, die die Aufsichtsratsarbeit eines Instituts betreffen, ist es in der Praxis besonders wichtig, einen effizienten und ganzheitlichen Ansatz bei der Umsetzung anzustreben. Eine isolierte Umsetzung birgt ansonsten die Gefahr von unnötigen Duplizierungen oder langwierigen Prozessen, die letztendlich die erfolgreiche Aufsichtsratsarbeit hindern können. Zugrundegelegt ist der Umsetzungsstand zum Zeitpunkt der Einreichung des Beitrags (30.1.2018).

  1. Einführung
  2. Adressaten, Inkrafttreten und (unterschiedliche) Anwendbarkeit auf Institute
  3. Die EBA-Leitlinien und die Organisationsautonomie des Aufsichtsrats
    1. Aktuelle Rechtslage zur internen Organisation des Aufsichtsrats
    2. Wichtige neue Regelungen aus Sicht des Aufsichtsrats
      1. Keine personenidentische Besetzung von  Ausschüssen
      2. Anforderungen an die Zusammensetzung der  einzelnen Ausschüsse
      3. Die Regelbeispiele zur Prüfung der Unabhängigkeit
      4. Vertreter der Arbeitnehmer und Unabhängigkeit
      5. Konkretisierte Aufgaben der Pflichtausschüsse
  4. Die Verantwortung des Aufsichtsrats für den  Erlass von internen Richtlinien
    1. Aktuelle Rechtslage
    2. Neue Vorgaben zur Erarbeitung von Richtlinien
  5. Fazit

I. Einführung
Die EBA und die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) sind Bestandteile  des Europäischen Systems der Finanzaufsicht (ESFS).
Das Hauptziel des ESFS besteht darin, die angemessene Anwendung der für den Finanzsektor geltenden Vorschriften zu gewährleisten, um die Finanzstabilität zu erhalten, für Vertrauen in das Finanzsystem insgesamt und für einen ausreichenden Schutz der Kunden, die Finanzdienstleistungen in Anspruch nehmen, zu sorgen.

Durch den Erlass von technischen Standards  und Leitlinien  tragen die beiden Behörden zur Harmonisierung des europäischen Bankensektors und der Finanzmärkte bei.

Am 26.9.2017 hat die EBA finale Fassungen von zwei aktualisierten Leitlinien veröffentlicht:

  • Guidelines on Internal Governance under Directive 2013/36/EU  (Governance Leitlinien), und
  • zusammen mit der ESMA, Guidelines on the assessment of the suitability of members of the management body and key function holders under Directive 2013/36/EU and Directive 2014/65/EU  (Eignungsleitlinien und zusammen mit den Governance Leitlinien – die EBA-Leitlinien).

Für die Verwaltungs- und Aufsichtsorgane von Instituten, d.h. Kreditinstituten oder Wertpapierfirmen , ergeben sich daraus weitere Aufgaben und Regelungen, die in ihrer Praxis zu berücksichtigen bzw. umzusetzen sind. Das Verwaltungs- und Aufsichtsorgan soll beispielsweise interne Richtlinien erlassen, die den Eignungstest (Fit & Proper Test), weitere Einführungs- und Trainingsmaßnahmen, Interessenkonflikte und die Förderung der Diversität auf Organebene regeln. Weitere Vorgaben für die Zusammensetzung und die Aufgaben seiner Ausschüsse sind zu berücksichtigen und sollen für Transparenz der Ergebnisse des Fit & Proper Tests gegenüber den Anteilseignern sorgen. Besonders zu beachten ist der neue Katalog mit Regelbeispielen zur Bestimmung der Unabhängigkeit (dazu unter III.2.c).

Nachfolgend wird die Anwendbarkeit der EBA-Leitlinien auf Institute dargestellt. Danach folgt eine verkürzte Darstellung der Rechtslage. Auf die Zusammensetzung und die Aufgaben der Ausschüsse sowie die Regelbeispiele zur Unabhängigkeit der Aufsichtsratsmitglieder wird eingegangen. Anschließend beschäftigt sich der Beitrag mit der (neuen) aufsichtsrechtlichen Vorgabe für den Aufsichtsrat, interne Richtlinien auf Organebene zu erarbeiten.

II. Adressaten, Inkrafttreten und (unterschiedliche) Anwendbarkeit auf Institute
Adressaten der Governance Leitlinien sind die Aufsichtsbehörden der Mitgliedstaaten, die Europäische Zentralbank (EZB) im Rahmen der ihr übertragenen Aufgaben gemäß Single Supervision Mechanism Regulation  sowie Institute. Die Eignungsleitlinien wenden sich ...

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 14.02.2018 10:49
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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