BGH 18.9.2018, II ZB 15/17

Zur Zulässigkeit einer Beschwerde nach § 12 SpruchG

Die Zulässigkeit einer vom LG nicht zugelassenen Beschwerde nach § 12 SpruchG setzt voraus, dass der Wert des Beschwerdegegenstands 600 € übersteigt. Ist es aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers nicht möglich, das Überschreiten der Mindestbeschwer festzustellen, geht dies zu seinen Lasten. Die Werte mehrerer gegen denselben Beschluss im Spruchverfahren erster Instanz gerichteter Beschwerden, die das gleiche Rechtsschutzziel verfolgen, sind bei der Berechnung des Werts des Beschwerdegegenstands nach § 61 FamFG zusammenzurechnen.

Der Sachverhalt:

Die Antragsteller waren Aktionäre der V-AG, deren Grundkapital sich auf über 3,5 Mio. € belief und in etwa gleich vielen Stückaktien eingeteilt war. Die Antragsgegnerin ist eine in Berlin ansässige Aktiengesellschaft. Sie hielt im Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens zur Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre der V-AG auf Verlangen vom 26.2.2013 insgesamt 98,86 % des Grundkapitals. Ein Teil der Aktien befand sich noch im Streubesitz.

Die außerordentliche Hauptversammlung der V-AG vom 19.6.2013 stimmte dem Übertragungsverlangen der Antragsgegnerin zu. Diese verpflichtete sich, für die Aktien der Minderheitsaktionäre eine Barabfindung i.H.v. 2,70 € pro Aktie zu zahlen. Dieser Betrag lag über dem anteiligen Ertragswert der V-AG. Den Börsenkurs der Aktien, der in den drei Monaten vor der Bekanntgabe der Absicht des Ausschlusses der Minderheitsaktionäre im Wesentlichen bei 4,26 € gelegen hatte, hielt die Antragsgegnerin wegen des geringen Handels nicht für aussagekräftig.

Der Ausschluss der Minderheitsaktionäre wurde am 24.7.2013 in das Handelsregister eingetragen und am 29.7.2013 bekannt gemacht. Die Antragsteller haben die von der Antragsgegnerin festgesetzte Kompensation als zu niedrig angegriffen und die Auffassung vertreten, dass für die Abfindung der Börsenkurs von 4,26 € als Untergrenze maßgeblich sei. Das LG hat die Anträge im Spruchverfahren zurückgewiesen. Die hiergegen eingelegten Beschwerden sind vom KG als unzulässig verworfen worden. Auch die Rechtsbeschwerden der der Antragsteller vor dem BGH blieben erfolglos.

Gründe:

Die Verwerfung der Beschwerden der jetzigen Rechtsbeschwerdeführer als unzulässig lässt keine Rechtsfehler erkennen. Denn die notwendige Mindestbeschwer mit mehr als 600 € wird von allen Rechtsbeschwerdeführern nicht erreicht.

Die Zulässigkeit einer vom LG nicht zugelassenen Beschwerde nach § 12 SpruchG setzt voraus, dass der Wert des Beschwerdegegenstands 600 € übersteigt. Ist es aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers nicht möglich, das Überschreiten der Mindestbeschwer festzustellen, geht dies zu seinen Lasten. Die Werte mehrerer gegen denselben Beschluss im Spruchverfahren erster Instanz gerichteter Beschwerden, die das gleiche Rechtsschutzziel verfolgen, sind bei der Berechnung des Werts des Beschwerdegegenstands nach § 61 FamFG zusammenzurechnen.

Weder Art. 19 Abs. 4 GG noch das in Art. 20 Abs. 3 GG normierte Rechtsstaatsprinzip steht der Anwendung des § 61 FamFG entgegen. Es ist Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, ob Rechtsmittel gegen Gerichtsentscheidungen statthaft sein sollen; das Grundgesetz selbst trifft dazu keine Bestimmung. Art. 19 Abs. 4 GG und Art. 20 Abs. 3 GG gewährleisten keinen Instanzenzug. Sie verwehren es dem Gesetzgeber deshalb auch nicht, ein bisher nach der bisherigen Verfahrensordnung statthaftes Rechtsmittel abzuschaffen oder den Zugang zu einem an sich eröffneten Rechtsmittel von neuen ein-schränkenden Voraussetzungen abhängig zu machen. Auch die Anforderungen aus Art. 14 Abs. 1 GG rechtfertigen hier keine andere Sichtweise.

Infolgedessen hat das Beschwerdegericht den Wert des Gegenstandes des Beschwerdeverfahrens fehlerfrei mit 337,32 € ermittelt. Es ist zutreffend davon ausgegangen, dass sich die Beschwer des einzelnen Aktionärs und damit der Wert des Beschwerdegegenstands für das Beschwerdeverfahren aus dem Unterschiedsbetrag ergibt, den er mit seinem Rechtsmittel für sich pro Aktie an Barabfindung zusätzlich erstrebt. Dies ergibt bei den Beschwerdeführern, die den Börsenkurs als maßgeblich erachten, einen Wert von 1,56 € pro Aktie. Bei anderen Antragstellern hat es den von ihnen als angemessenen Wert von 6 € je Aktie und damit einen Mehrbetrag von jeweils 3,30 € zugrunde gelegt.

Linkhinweise:
 


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 14.11.2018 16:10
Quelle: BGH online

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