BGH v. 23.10.2018 - XI ZB 3/16

KapMuG: Rechtsbeschwerde betreffend den offenen Immobilienfonds "Morgan Stanley P2 Value" weitestgehend unbegründet

Die spezialgesetzliche Prospekthaftung des § 127 InvG a.F. verdrängt in ihrem Anwendungsbereich eine vorvertragliche Haftung der Musterbeklagten wegen der Verwendung eines unrichtigen oder unvollständigen Verkaufsprospekts bei der Anbahnung eines Investmentvertrages gem. § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. § 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2 BGB. Feststellungsziele zu Aufklärungsfehlern, die nicht unter Verwendung einer öffentlichen Kapitalmarktinformation begangen worden sein sollen, sind im Kapitalanleger-Musterverfahren nicht statthaft.

Der Sachverhalt:

Die Musterbeklagte hatte im November 2005 den offenen Immobilienfonds "Morgan Stanley P2 Value" aufgelegt, dessen Vermögen im In- und Ausland investiert wurde. Die Anteile am Sondervermögen wurden über diverse Vertriebspartner der Musterbeklagten vertrieben. Zudem erfolgte ein Handel im Freiverkehr verschiedener deutscher Börsen.

Im Zuge der Finanzkrise verlangten dann Anleger Ende Oktober 2008 in erheblichem Umfang die Rücknahme ihrer Anteile, allein am 28.10.2008 in einer Größenordnung von 67 Mio. € und einen Tag später, am 29.10.2008, in einer Größenordnung von 196 Mio. €. Infolgedessen setzte die Musterbeklagte die Rücknahme der Anteile aus, um durch die Veräußerung von Immobilien ausreichende Liquidität zu schaffen. Die Aussetzung der Anteilsrücknahme musste bis Ende Oktober 2010 immer wieder verlängert werden. Zu diesem Zeitpunkt kündigte die Musterbeklagte die Verwaltung des Investmentvermögens zum 30.9.2013. Seither wird das Sondervermögen abgewickelt.

Im Jahr 2012 erhoben zahlreiche Anleger beim LG Frankfurt a.M. Schadensersatzklage gegen die Musterbeklagte. Im Musterverfahren vor dem OLG Frankfurt a.M. hat der Musterkläger diverse Fehler der beim Vertrieb der Anteile verwendeten Verkaufsprospekts beanstandet und sich auf eine (vor)vertragliche und deliktische Haftung der Musterbeklagten berufen. Mit Musterentscheid vom 13.1.2016, berichtigt durch Beschluss vom 23.3.2016, hat das OLG festgestellt, dass zwischen den Anlegern und der Musterbeklagten ein sog. Investmentvertrag zustande gekommen ist. Im Übrigen hat es die Feststellungsanträge des Musterklägers zurückgewiesen.

Gegen den Musterentscheid hat der Musterkläger Rechtsbeschwerde eingelegt. Dem Rechtsbeschwerdeverfahren sind auf Seiten des Musterklägers zahlreiche Beigeladene beigetreten. Mit seiner Rechtsbeschwerde hat der Musterkläger u.a. seine Feststellungsanträge zu den von ihm gerügten Fehlern der Verkaufsprospekte weiterverfolgt sowie eine vorvertragliche Haftung der Musterbeklagten gem. § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. § 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2 BGB neben einer spezialgesetzlichen Haftung aus § 127 des zum 22.7.2013 außer Kraft getretenen, aber für Altfälle fortgeltenden InvG a.F. geltend gemacht. Hinsichtlich eines vom OLG in der Sache zurückgewiesenen Antrags zu (vor)vertraglichen Informationspflichten gegenüber den Vertragspartnern des Investmentvertrags über Zuwendungen an Dritte hat er die Zurückweisung des Antrags als im Musterverfahren unstatthaft begehrt.

Der BGH hält die Rechtsbeschwerde des Musterklägers weitgehend für unbegründet.

Gründe:

Zu Recht ist das OLG davon ausgegangen, dass die vom Musterkläger gerügten Prospektfehler nicht festzustellen sind. Es hat auch zutreffend erkannt, dass die spezialgesetzliche Prospekthaftung des § 127 InvG a.F. in ihrem Anwendungsbereich eine vorvertragliche Haftung der Musterbeklagten wegen der Verwendung eines unrichtigen oder unvollständigen Verkaufsprospekts bei der Anbahnung eines Investmentvertrages gem. § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. § 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2 BGB verdrängt.

Auch die Zurückweisung der übrigen Feststellungsziele kann bestätigt werden, soweit nicht einige Feststellungsziele mangels Prospektfehlers gegenstandslos geworden sind. Ferner sind die Feststellungsziele zu Aufklärungsfehlern, die nicht unter Verwendung einer öffentlichen Kapitalmarktinformation begangen worden sein sollen, im Kapitalanleger-Musterverfahren nicht statthaft.

Linkhinweise:
 

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 18.12.2018 16:37
Quelle: BGH PM Nr. 192 vom 18.12.2018

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