Aktuell in der AG

Insiderrecht und Ad-hoc Publizität im neuen Emittentenleitfaden der BaFin (Merkner/Sustmann/Retsch, AG 2019, 621)

Seit Juli 2019 liegt – zu Konsultationszwecken – das von der Praxis lang erwartete Modul C des Emittentenleitfadens vor, in dem die BaFin ihre Verwaltungspraxis insbesondere zu den Themen Insiderrecht und Ad-hoc-Publizität zusammenfassend darstellt. Der Beitrag legt den Fokus auf die Auslegung des Begriffs der Insiderinformation, der zugleich Dreh- und Angelpunkt für die Verpflichtung der Emittenten zur Ad-hoc-Publizität ist, und setzt sich kritisch mit ausgewählten Fragestellungen auseinander, die für die Praxis von besonderer Bedeutung sind.

I. Einleitung

II. Beurteilung der Kursrelevanz am Maßstab des  verständigen Anlegers

III. Zukünftige Ereignisse und Zwischenschritte als Insiderinformationen

1. Zwischenschritte bei M&A-Transaktionen

2. Zwischenschritte bei Personalangelegenheiten

IV. (Vorläufige) Geschäftszahlen und Prognosen

1. (Vorläufige) Geschäftszahlen

2. Prognosen

V. Zuständigkeit für die Selbstbefreiung

VI. Fazit


I. Einleitung

Die Pflicht börsennotierter Unternehmen zur Offenlegung von kursrelevanten Informationen im Rahmen der Ad-hoc-Publizität ist ein wesentlicher Eckpfeiler informationseffizienter Kapitalmärkte. Die materielle Rechtsgrundlage ist seit Mitte 2016 in der europäischen Marktmissbrauchsverordnung (Market Abuse Regulation – MAR) zu finden. Daneben existieren weitere europäische Rechtsakte wie delegierte Rechtsakte und Durchführungsverordnungen, Leitlinien und sonstige Verlautbarungen der ESMA, die die Rechtsanwendung konkretisieren. Auf nationaler Ebene sind die Fragen- und Antwortkataloge (FAQ) der BaFin zu berücksichtigen, mit denen die BaFin seit Geltung der MAR erste Auslegungsfragen für die Praxis beantwortet hat und die in der Folgezeit laufend aktualisiert wurden. Der für die Praxis bedeutsame Emittentenleitfaden der BaFin bezog sich noch auf die alten Regelungen des WpHG und war demnach jedenfalls partiell veraltet.

Am 4.7.2019 hat die BaFin die Konsultationsfassung eines neuen Moduls ihres Emittentenleitfadens veröffentlicht. Dieses Modul C betrifft die Regelungen der MAR, d.h. insbesondere die Ad-hoc-Publizität und die Insiderhandelsverbote sowie verwandte Themenkomplexe wie Managers’ Transactions, Insiderlisten und das Verbot der Marktmanipulation. Wie bereits in der Vergangenheit hat die BaFin mit der Veröffentlichung des Moduls ein Konsultationsverfahren eingeleitet, in dem interessierte Parteien die Möglichkeit haben, zu den Auslegungshinweisen der BaFin Stellung zu nehmen. Die Frist zur Stellungnahme endete am 31.8.2019. Derzeit prüft die BaFin die eingegangenen Anmerkungen, um über ihre Berücksichtigung in der finalen Fassung des neuen Moduls zu entscheiden.

Das nun von der BaFin vorgestellte Modul enthält zum einen unverändert Aussagen, die bereits aus der Vorfassung des Emittentenleitfadens bekannt sind, und zum anderen Ausführungen, die auf den zur MAR entwickelten FAQ beruhen. Insofern hatte sich im Rahmen der letzten Aktualisierungen der FAQ bereits abgezeichnet, dass einzelne Passagen auf eine Überführung in den Emittentenleitfaden angelegt waren. Umso erfreulicher ist allerdings, dass die BaFin auch an diesen Ausführungen weitergearbeitet hat. Das Zusammenspiel von Emittentenleitfaden und FAQ, das auch zukünftig weiterhin vorgesehen ist, hat sich insofern bewährt. Im Übrigen berücksichtigt die BaFin an verschiedenen Stellen die einschlägigen MAR-Leitlinien der ESMA, deren Beachtung die BaFin erklärt hat.

Vor diesem Hintergrund beleuchtet der vorliegende Beitrag wesentliche Ausführungen der BaFin zum Begriff der Insiderinformation und zur Ad-hoc-Publizität und stellt diese in den Kontext der bisherigen Diskussion seit Geltung der MAR. Der Begriff der Insiderinformation hat sich unter Geltung der MAR nicht geändert, sondern knüpft – nachdem das im europäischen Gesetzgebungsverfahren diskutierte Konzept einer sog. Insiderinformation light aufgegeben wurde – nahtlos an die vorherige Marktmissbrauchsrichtlinie an. Auch die Entscheidung des EuGH in Sachen Geltl/Daimler wurde im europäischen Gesetzgebungsverfahren bereits dadurch berücksichtigt, dass ...


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 02.09.2019 16:03
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

zurück zur vorherigen Seite