Weitere aktuelle Rechtsprechung in Leitsätzen (KW 37)

Hier finden Sie die Leitsätze ausgewählter aktueller Entscheidungen aus dem Unternehmensrecht.

BGH 25.6.2020, IX ZR 243/18
Anfechtung durch Insolvenzverwalter; Voraussetzungen einer gesellschaftergleichen Stellung von Banken

1. Der Insolvenzverwalter hat für eine Anfechtung einer Rechtshandlung, mit der eine Gesellschaft einem Dritten für eine Forderung auf Rückgewähr eines Darlehens Befriedigung gewährt hat, darzulegen und zu beweisen, dass der Dritte kein Gesellschafter des Schuldners ist. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Dritte einem Gesellschafter gleichzustellen ist, trifft hingegen den Anfechtungsgegner.

2a. Ansprüche eines Darlehensgebers stehen wirtschaftlich einer Forderung auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens gleich, wenn sich die Tätigkeit der Gesellschaft für den Darlehensgeber in einer Gesamtbetrachtung aufgrund seiner einem Gesellschafter vergleichbaren Rechtsstellung als eine eigene unternehmerische Betätigung darstellt. Hierzu sind bei der jeweiligen Gesellschaftsform die bestehende Gewinnbeteiligung des Darlehensgebers, seine gesellschaftergleichen Rechte und seine Teilhabe an der Geschäftsführung in einem Gesamtvergleich mit der Rechtsposition eines Gesellschafters zu betrachten.

2b. Ein doppelseitiges Treuhandverhältnis, bei dem der Gesellschafter als Treugeber seinen Gesellschaftsanteil auf einen Treuhänder überträgt, der ihn zugleich treuhänderisch zugunsten des Darlehensgebers hält, führt nicht dazu, dass der Darlehensgeber allein aufgrund der zu seinen Gunsten bestehenden treuhänderischen Berechtigung einem Gesellschafter gleichzustellen ist. Auch insoweit kommt es darauf an, wie die Rechtsstellung des Darlehensgebers im Vergleich zu einem Gesellschafter ausgestaltet ist.

2c. Eine bloß faktische Möglichkeit des Darlehensgebers, Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft zu nehmen, genügt nicht für eine Gleichstellung mit einem Gesellschafter.
(alle amtl.)


OLG Hamm 4.3.2020, 8 U 32/19
Verträge mit Aufsichtsratsmitgliedern; Auslegung eines Spaltungsplans

1. § 114 Abs. 2 AktG findet auch auf Aufsichtsratsmitglieder Anwendung, deren Bestellung fehlerhaft erfolgt war. Erfasst werden auch Verträge mit dem Aufsichtsratsmitglied, die vor Beginn seiner Amtstätigkeit geschlossen wurden.

2. Die Zustimmung des Aufsichtsrats zu Verträgen i.S.v. § 114 Abs. 1 AktG mit einem Aufsichtsratsmitglied ist nicht deswegen entbehrlich, weil an dem Vertragsschluss ein Vertretungsorgan der Alleingesellschafterin mitgewirkt hat.

3. § 114 AktG ist auch auf einem Aufsichtsratsmitglied nahestehende Personen anwendbar. Hierzu zählen in entsprechender Anwendung von § 115 Abs. 3 AktG auch juristische Personen, deren gesetzlicher Vertreter das Aufsichtsratsmitglied ist. Sind einer von dem Aufsichtsratsmitglied vertretenen Gesellschaft unter Verstoß gegen § 114 Abs. 1 AktG Vergütungen gewährt worden, ist ungeachtet eines evtl. Anspruchs der Aktiengesellschaft gegen die juristische Person aus ungerechtfertigter Bereicherung auch das Aufsichtsratsmitglied zur Rückzahlung verpflichtet.

4. Sieht der im Rahmen einer Ausgliederung und Übertragung nach §§ 123, 131 UmwG erstellte Spaltungsplan vor, dass der gesamte Geschäftsbetrieb mit allen Aktiva und Passiva auf die neu gegründete Gesellschaft übertragen wird, während lediglich die von der übertragenden Gesellschaft gehaltenen eigenen Aktien bei dieser verbleiben, ist der Plan dahin auszulegen, dass von der Übertragung auch – seinerzeit nicht bedachte – Ansprüche nach § 114 Abs. 2 AktG erfasst werden. Das gilt auch dann, wenn der Spaltungsplan die auszugliedernden Vermögensteile nach einzelnen Kategorien näher benennt und der in Rede stehende Anspruch dabei nicht aufgeführt wird.
(alle amtl.)


BFH 29.10.2019, IX R 38/17
Anschaffungskosten eines Gesellschafters für Erwerb seiner Gesellschafterstellung; Grundsätze der Einkünfteermittlung bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften

1. Eine GbR ist für die Einkommensteuer insoweit Steuerrechtssubjekt, als sie in der gesamthänderischen Verbundenheit ihrer Gesellschafter Merkmale eines Besteuerungstatbestands verwirklicht, welche den Gesellschaftern für deren Besteuerung zuzurechnen sind.

2. Entsteht einem Gesellschafter einer vermögensverwaltend tätigen GbR Aufwand für den Erwerb seiner Gesellschafterstellung, sind diese Anschaffungskosten in einer separaten Ergänzungsrechnung zur Überschussrechnung der Gesellschaft zu erfassen und auf die Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens zu verteilen. Die steuerrechtliche Bewertung der in einer solchen Ergänzungsrechnung ausgewiesenen Rechnungsposten ist grundsätzlich nicht von der Handhabung in der Gesamthandsbilanz abhängig.

3. Übernimmt der Erwerber mit einem Gesellschaftsanteil an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft auch das negative Kapitalkonto des Veräußerers, gehört der Betrag des Kapitalkontos nur insoweit zu den Anschaffungskosten des Erwerbers, als dieser durch die Übernahme tatsächlich wirtschaftlich belastet wird. Die bloße Übernahme einer in diesem Zusammenhang bestehenden unbeschränkten Haftung genügt hierfür nicht.

4. Ist für die Anschaffung (von Bruchteilen) eines zum Gesamthandsvermögen zählenden Grundstücks mit aufstehendem Gebäude ein Gesamtkaufpreis gezahlt worden, ist der Kaufpreis zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die AfA in Boden- und Gebäudewert aufzuteilen und ggf. auf seine Angemessenheit zu überprüfen. Ein von den Vertragsbeteiligten vereinbarter und bezahlter Kaufpreis ist grundsätzlich auch der Besteuerung zugrunde zu legen, sofern er zum einen nicht nur zum Schein getroffen wurde sowie keinen Gestaltungsmissbrauch darstellt und zum anderen das FG auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung von den das Grundstück und das Gebäude betreffenden Einzelumständen nicht zu dem Ergebnis gelangt, dass die vertragliche Kaufpreishöhe oder -aufteilung die realen Wertverhältnisse in grundsätzlicher Weise verfehlt und wirtschaftlich nicht haltbar erscheint.
(alle amtl.)


FG München 13.5.2020, 6 K 75/19
Abziehbarkeit einer im Rahmen einer Aufwärtsverschmelzung angefallenen Grunderwerbsteuer als Betriebsausgabe

1. Die aufgrund einer Verschmelzung entstehende Grunderwerbsteuer nach einem Ergänzungstatbestand des § 1 Abs. 3 GrEStG gehört zu den Kosten des Vermögensübergangs i.S.v. § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG.

2. Der Grunderwerbsteuerbescheid entfaltet hinsichtlich seiner unselbständigen Besteuerungsgrundlagen materielle Tatbestandswirkung für den Ertragsteuerbescheid des übernehmenden Rechtsträgers einer Umwandlung.

(alle nicht amtl.)
 


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 08.09.2020 13:44
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

zurück zur vorherigen Seite