Aktuell in der AG

Neues zum Transparenzregister – Unmittelbar oder mittelbar wirtschaftlich Berechtigter schon kraft Vetorechts oder Sperrminorität? (Hütten/Assmann, AG 2020, 849)

Am 19.8.2020 hat das Bundesverwaltungsamt (BVA) seine Fragen und Antworten (FAQs) zum Transparenzregister nach dem Geldwäschegesetz aktualisiert. Die neuen FAQs wurden im Vergleich zur Vorgängerversion nicht nur übersichtlicher und systematischer gegliedert, es finden sich dort auch wesentliche Neuerungen zur Bestimmung des mittelbar wirtschaftlich Berechtigten in mehrstufigen Beteiligungsstrukturen, die es in sich haben. Ohne Begründung nimmt das BVA hier einschneidende Änderungen seiner bisherigen Verwaltungspraxis vor, die dieser Beitrag beleuchtet. Alle Vereinigungen i.S.v. § 20 GwG werden daher ihre Gesellschafterstruktur überprüfen und ggf. eine Neubewertung ihrer wirtschaftlich Berechtigten und etwaig bestehender Mitteilungspflichten gegenüber dem Transparenzregister vornehmen müssen.

I. Einleitung

II. Rückblick

III. Die neuen FAQs des BVA

1. Vetorechte auf erster Beteiligungsebene

2. Vetorechte auf zweiter und höherer Beteiligungsebene

3. In den FAQs nicht beantwortete offene Fragen

4. Einige Konsequenzen der neuen Rechtsauffassung des BVA

a) Überprüfung der bisherigen Bestimmung der wirtschaftlich Berechtigten

b) Zweckwidrige exponentielle Vermehrung der Zahl wirtschaftlich Berechtigter in komplexen Beteiligungsverhältnissen

c) Bußgeldbescheide zu erwarten

IV. Der Kontrollbegriff des GwG

1. Kontrolle auf „vergleichbare Weise“

a) Bezugspunkt des Vergleichs

b) Systematische und richtlinienkonforme Auslegung

c) Erfordernis einer positiven gestalterischen Kontrolle

d) Schlussfolgerung

2. Verhinderungsrechte als Zurechnungsvoraussetzung?

a) Beherrschender Einfluss durch Verhinderungsrechte?

b) Der allgemeine Kontrollbegriff des GwG: Kontrolle im konzernrechtlichen Sinne

c) Wechselwirkung zwischen GwG, WpHG und AktG

d) Schlussfolgerung

V. Zusammenfassung


I. Einleitung

1
Am 19.8.2020 hat das Bundesverwaltungsamt (BVA) seine Fragen und Antworten (FAQs) zum Geldwäschegesetz (GwG) betreffend das Transparenzregister (§§ 18–26 i.V.m. § 3 GwG) aktualisiert. Die neuen FAQs wurden im Vergleich zur Vorgängerversion vom 20.2.2020 nicht nur übersichtlicher und systematischer gegliedert. Im Abschnitt B.III. („Mittelbare Beteiligungen und Auslandsbeteiligungen“) finden sich auch wesentliche Neuerungen zur Bestimmung des mittelbar wirtschaftlich Berechtigten in mehrstufigen Beteiligungsstrukturen, die es in sich haben. Ohne Begründung nimmt das BVA hier einschneidende Änderungen seiner bisherigen Verwaltungspraxis vor. Auch wenn den Ausführungen des BVA nur eine verwaltungsinterne Bindungswirkung zukommt, handelt es sich um die für die Ahndung von Verstößen gegen die Transparenzpflichten des GwG zunächst maßgebliche Rechtsauffassung, gegen die der Adressat eines Bußgeldbescheids dann allenfalls gerichtlich vorgehen kann. Alle Vereinigungen i.S.v. § 20 GwG werden daher ihre Gesellschafterstruktur überprüfen und ggf. eine Neubewertung ihrer wirtschaftlich Berechtigten und etwaig bestehender Mitteilungspflichten gegenüber dem Transparenzregister vornehmen müssen.

2
Wirtschaftlich Berechtigter einer Vereinigung kann nach § 3 Abs. 1 bis 3 GwG nur eine natürliche Person sein. Vom mittelbar wirtschaftlich Berechtigten spricht man, wenn die Anteile, Stimmrechte oder sonstigen Kontrollmittel i.S.v. § 3 Abs. 2 Satz 1 GwG, die eine wirtschaftliche Berechtigung in Bezug auf eine mitteilungspflichtige Vereinigung begründen, nicht unmittelbar von der natürlichen Person selbst, sondern von einer oder mehreren Zwischengesellschaften gehalten werden, die ihrerseits der unmittelbaren oder mittelbaren Kontrolle der natürlichen Person unterliegt (§ 3 Abs. 2 Satz 2 GwG). In der in Schaubild 1 dargestellten Konstellation handelt es sich bei WB 1 um einen unmittelbar wirtschaftlich Berechtigten und bei WB 2 und WB 3 um mittelbar wirtschaftlich Berechtigte der Vereinigung A.

Schaubild 1 (in Otto Schmidt Online dargestellt)

3
Die vom BVA in seinen neuen FAQs zum Transparenzregister dargelegten Voraussetzungen für das Vorliegen einer zurechnungsbegründenden Kontrolle in mehrstufigen Beteiligungsstrukturen gehen weit über die entsprechenden Regelungen zur Beteiligungstransparenz im Aktiengesetz (§ 20 AktG) und im Wertpapierhandelsgesetz (§§ 33 ff. WpHG) sowie die vom GwG-Gesetzgeber bezweckte Transparenz zur Geldwäscheprävention hinaus. Sie stehen in Widerspruch zur bisherigen Praxis des BVA und zur Auslegung der einschlägigen Vorschriften durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und das Schrifttum.

II. Rückblick
4
Nach der bisherigen Auffassung des BVA, der Ansicht der BaFin und der herrschenden Meinung im Schrifttum erfordert die Bestimmung des mittelbar wirtschaftlich Berechtigten eine zweistufige Prüfung:

5
Auf der ersten bzw. untersten Beteiligungsebene muss die jeweilige Zwischengesellschaft (im Schaubild 1: Vehikel B und C) unmittelbar mehr als 25 % der Anteile oder Stimmrechte an einer Vereinigung (A) halten oder auf vergleichbare Weise Kontrolle ausüben (§ 3 Abs. 2 Satz 1 GwG).

6
Auf der zweiten Beteiligungsebene muss die jeweilige Zwischengesellschaft von einer natürlichen Person (im Schaubild 1: WB 2) kontrolliert werden (§ 3 Abs. 2 Satz 2 GwG). Dies ist insbesondere zu bejahen, wenn ...



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 17.11.2020 16:17

zurück zur vorherigen Seite