BVerwG v. 24.11.2020 - 10 C 12.19

Informationszugang trotz rechtsmissbräuchlichen Verhaltens des Bevollmächtigten

Ein Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz ist nicht schon deswegen rechtsmiss­bräuchlich, weil der Bevollmächtigte rechtsmissbräuchlich vorgeht.

Der Sachverhalt:
Die Prozessbevollmächtigten der Kläger stellten im Jahr 2015 beim BMF und bei der BaFin für mehr als 500 geschädigte Anleger der Wohnungsbaugesellschaft Leipzig West AG gleichlautende Anträge auf Informationen über die Wohnungsbaugesellschaft. Das Bundesministerium lehnte diese Anträge zum überwiegenden Teil ab.

Die schon zuvor in sämtlichen Fällen erhobenen Klagen blieben vor dem VG, soweit sie nicht zurückgenommen wurden, wegen rechtsmissbräuchlicher Klageerhebung ohne Erfolg. Das OVG wies die von einigen Klägern eingelegten Berufungen zurück. Dem Informationszugangsanspruch stehe angesichts der massenweisen Einzelantragstellung und anschließenden Klageerhebung unter Berücksichtigung der sonstigen Umstände der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegen. Dem Prozessbevollmächtigten der Kläger sei es allein darum gegangen, für sich möglichst weitgehende Gebührenansprüche zu generieren.

Auf die Revisionen der Kläger hob das BVerwG die Berufungsurteile auf und verwies die Sachen an das OVG zurück.

Die Gründe:
Das Informationsbegehren der Kläger ist nicht deshalb rechtsmissbräuchlich, weil der Prozessbevollmächtigte sich möglicherweise rechtsmissbräuchlich verhält. Das ist erst dann anzunehmen, wenn positiv festgestellt wird, dass es einem Antragsteller selbst nicht um die begehrte Information geht, sondern nur um die Gebührenansprüche seines Bevollmächtigten. Da derartige Feststellungen vorliegend fehlen, ist davon auszugehen, dass das Informationsinteresse des vertretenen Antragstellers bestand und auch während des Rechtsstreits fortbesteht. Das Verhalten des Bevollmächtigten außerhalb des eigenen Mandats ist einem Antragsteller nicht zuzurechnen.



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 26.11.2020 10:41
Quelle: BVerwG PM Nr. 67 vom 24.11.2020

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