Aktienbasierte Vergütungen im Vergütungsbericht nach § 162 AktG (Rimmelspacher/Kliem, AG 2021, 573)

Vorstand und Aufsichtsrat einer börsennotierten Gesellschaft müssen nach § 162 AktG für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2020 beginnen, einen Vergütungsbericht erstellen, der sich erheblich vom bisherigen handelsrechtlichen Vergütungsbericht unterscheidet. Wesentliche Unterschiede ergeben sich insbesondere hinsichtlich der aktienbasierten Vergütung. Der Beitrag verdeutlicht die „Knackpunkte“ der Neuregelungen zur aktienbasierten Vergütung, macht Lösungsvorschläge für Zweifelsfragen und gibt Hinweise für eine transparente Berichterstattung.

I. Einleitung
II. Aktienbasierte Vergütung
III. EU Richtlinie und EU-Leitlinien
IV. Allgemeine Grundsätze der Vergütungsberichterstattung mit Auswirkungen auf die aktienbasierten Vergütungen

1. Klarheit und Verständlichkeit
2. Geschlossene Form
3. Negativmeldungen
4. Stetigkeit
V. Gewährte und geschuldete Vergütung
1. Grundsätzliches
2. Aktienoptionen
3. Aktien
4. Aktienbasierte Vergütungen mit Barausgleich
VI. Angaben und Erläuterungen zu aktienbasierten Vergütungsbestandteilen (§ 162 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AktG)
1. Feste und variable Vergütungsbestandteile sowie jeweiliger relativer Anteil
2. Anwendung der Leistungskriterien
VII. Angaben zu Aktien und Aktienoptionen (§ 162 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AktG)
1. Aktien und Aktienoptionen
2. Beginn der Berichterstattung
3. Ende der Berichterstattung
4. Anzahl der Aktien und Aktienoptionen
5. Zeitwert der Aktien und Aktienoptionen
6. Ausübungsbedingungen
7. Individualisierung der Angaben
8. Angaben zu früheren Vorstandsmitgliedern
VIII. Erläuterungen zur Maximalvergütung
IX. Weitere Angaben und Erläuterungen zu aktienbasierten Vergütungen
X. Erstanwendung und Übergangserleichterungen
XI. Zusammenfassung


I. Einleitung

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Für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2020 beginnen, müssen Vorstand und Aufsichtsrat einer i.S.d. § 3 Abs. 2 AktG börsennotierten Gesellschaft gem. § 162 AktG einen Bericht über die Vergütung ihrer Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder erstellen. Diese Neuregelung wurde mit dem Gesetz zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie  (ARUG II)  in das Aktiengesetz aufgenommen. Im Gegenzug wurden zum einen die bisherigen handelsrechtlichen Berichtspflichten über die individuellen Bezüge und Leistungen an Organmitglieder  gestrichen bzw. in das Aktiengesetz verlagert. Zum anderen wurden in der am 20.3.2020 in Kraft getretenen Neufassung des Deutschen Corporate Governance Kodex („DCGK 2020“) die bis zur vorangegangenen Kodexfassung („DCGK 2017“) enthaltenen Empfehlungen zur individualisierten Vergütungsberichterstattung, v.a. in Form zweier Mustertabellen zur Darstellung der Vorstandsvergütung,  gestrichen.

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Die Vorgaben an den Vergütungsbericht gem. § 162 AktG weichen wesentlich von den bisherigen Vorgaben und Empfehlungen an den Vergütungsbericht nach HGB bzw. DCGK ab.  Besonders auffällig sind die Unterschiede bei einem der wesentlichen Vergütungsbestandteile, den aktienbasierten Vergütungen, insbesondere aufgrund des neuen aktienrechtlichen Begriffsverständnisses von „Gewährung“ – im Unterschied zum bisherigen Begriffsverständnis nach HGB und DCGK 2017 – und aufgrund neuer Angabe- und Erläuterungspflichten zu gewährten oder zugesagten Aktien und Aktienoptionen. Der folgende Beitrag erläutert die neuen aktienrechtlichen Anforderungen an die Vergütungsberichterstattung über aktienbasierte Vergütungen an Vorstandsmitglieder, erörtert Zweifelsfragen und gibt Empfehlungen für eine klare und verständliche, d.h. transparente Berichterstattung.

II. Aktienbasierte Vergütung
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§ 162 AktG enthält den Begriff der aktienbasierten Vergütung nicht. Vorgaben gibt es lediglich für Aktien und Aktienoptionen (§ 162 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AktG). Angaben und Erläuterungen zu aktienbasierten Vergütungen i.R.d. Darstellung des Vergütungssystems fordert § 87a Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 AktG, ohne allerdings den Begriff zu definieren.

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Für die Auslegung können die Definitionen der aktienbasierten Vergütungen gem. IFRS 2 , Anhang A und DRS 17.9  herangezogen werden. Danach sind aktienbasierte Vergütungen Zuwendungen, die in Aktien oder in Optionen auf Aktien der Gesellschaft oder von Konzernunternehmen bestehen oder deren Höhe vom Kurs dieser Aktien abhängig ist. Aktienbasierte Vergütungen umfassen danach (echte) Aktien und Aktienoptionen sowie entsprechende virtuelle Vergütungsformen. Eine typische Vergütungsform in echten Aktien sind Matching Shares.  Dabei handelt es sich um Aktien, die dem Vorstandsmitglied nach Ablauf einer bestimmten Frist eines Eigeninvestments in Aktien der Gesellschaft in entsprechendem Umfang kostenfrei (zusätzlich) übertragen werden. Die Übertragung setzt in der Regel voraus, dass das Organverhältnis andauert. Eine typische virtuelle aktienbasierte Vergütungsform sind virtuelle Performance Shares.  Performance Share Pläne sehen üblicherweise die vorläufige Zuteilung einer Anzahl an virtuellen Aktien zu Beginn eines Bemessungszeitraums vor. Nach dessen Ablauf wird in Abhängigkeit von der konkreten Zielerreichung vorher festgelegter Leistungskriterien die endgültige Anzahl an virtuellen Aktien bestimmt und in Abhängigkeit vom dann aktuellen Aktienkurs der Auszahlungsbetrag festgelegt.

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Aktienbasiert ist auch eine (variable) Barvergütung, die das Vorstandsmitglied in Aktien der Gesellschaft anlegen muss und für einen bestimmten Zeitraum – mindestens den der Zugehörigkeit zum Vorstand – nicht veräußern darf. Derartige Verpflichtungen zu einem Eigeninvestment sind üblicherweise in einer Share Ownership Guideline geregelt.  Wirtschaftlich besteht kein Unterschied zu einer Gewährung von Aktien durch die Gesellschaft mit entsprechender Halteverpflichtung.  Auch Empfehlung G.10 DCGK 2020 sieht beide Vergütungsformen als gleichwertig an: Danach sollen die dem Vorstandsmitglied netto gewährten variablen Vergütungsbestandteile überwiegend entweder in Aktien der Gesellschaft angelegt oder entsprechend aktienbasiert gewährt werden.

III. EU Richtlinie und EU-Leitlinien
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§ 162 AktG setzt Art. 9b der 2. ARRL in deutsches Recht um. Um eine leichter vergleichbare und kohärentere Darstellung des Vergütungsberichts sicherzustellen,  wird die Kommission gem. Art. 9b Abs. 6 der 2. ARRL unverbindliche Leitlinien zu dessen standardisierter Darstellung erlassen. Diese liegen derzeit in einer ...
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 17.08.2021 16:41
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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