Aktuell in der AG

Der Vergütungsbericht börsennotierter Aktiengesellschaften nach § 162 AktG (Arnold/Hofer/Dolde, AG 2021, 813)

Vorstand und Aufsichtsrat börsennotierter Aktiengesellschaften haben gem. § 162 AktG in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der Zweiten Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II) über die den gegenwärtigen und ehemaligen Mitgliedern des Vorstands und des Aufsichtsrats gewährte und geschuldete Vergütung jährlich zu berichten. Die neue aktienrechtliche Regelung des Vergütungsberichts erinnert weitgehend an die bisherigen handelsrechtlichen Berichtspflichten gem. § 285 Nr. 9, § 314 Abs. 1 Nr. 6 HGB, die durch das ARUG II modifiziert wurden. Bei genauerer Betrachtung bringt das neue Berichtsrecht jedoch einige Herausforderungen mit sich.

A. Einleitung
I. Begriff der Vergütung
II. Begriff der „gewährten und geschuldeten“ Vergütung
B. Berichtspflichten des § 162 AktG
I. Grundsatz
1. Erfasste Organmitglieder
2. Einzelangabe unter Namensnennung
II. Einzelne Angaben
1. Angaben für Mitglieder des Vorstands und Aufsichtsrats
a) Angaben über die festen und variablen Vergütungsbestandteile, Abs. 1 S. 2 Nr. 1
aa) Darstellung der einzelnen Vergütungsbestandteile
bb) Darstellung der Gesamtvergütung und relative Anteile
cc) Vereinbarkeit mit dem maßgeblichen Vergütungssystem und Förderung der langfristigen Entwicklung der Gesellschaft
dd) Angaben zur Anwendung der Leistungskriterien
b) Vergleichende Darstellung, Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AktG
aa) Art der Darstellung
bb) Vergleichszeitraum
cc) Ertragslage der Gesellschaft
dd) Durchschnittliche Arbeitnehmervergütung
c) Aktien und Aktienoptionen, Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AktG
d) Rückforderung variabler Vergütung, Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 AktG
e) Abweichungen vom Vergütungssystem, Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AktG
f) Berücksichtigung der Hauptversammlungsbefassung, Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AktG
g) Einhaltung der Maximalvergütung, Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 AktG
2. Weitergehende Angaben für Mitglieder des Vorstands
a) § 162 Abs. 2 Nr. 1 AktG
b) § 162 Abs. 2 Nr. 2 AktG
c) § 162 Abs. 2 Nr. 3 AktG
d) § 162 Abs. 2 Nr. 4 AktG
C. Fazit


A. Einleitung

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Mit § 162 AktG setzt der Gesetzgeber die Vorgaben der zweiten Aktionärsrechterichtlinie (RL (EU) 2017/828) um, die in Art. 9b Anforderungen an die Vergütungsberichterstattung aufstellt. Unabhängig davon bestanden – neben den Anforderungen der Rechnungslegung nach IFRS – mit §§ 285 Nr. 9, 314 Abs. 1 Nr. 6 HGB bereits vor Inkrafttreten der RL (EU) 2017/828 zahlreiche handelsrechtliche Vorgaben für den Vergütungsbericht, die ihrerseits teilweise auf unionsrechtliche Vorgaben zurückgehen (z.B. die Bilanzrichtlinie). Der Gesetzgeber stand daher vor der herausfordernden Aufgabe, die neuen unionsrechtlichen Anforderungen in das bestehende System berichtsrechtlicher Vorschriften zu integrieren. Ein vollständiger Gleichlauf handels- und aktienrechtlicher Vorschriften konnte dabei jedoch bereits aufgrund der unterschiedlichen und teilweise divergierenden unionsrechtlichen Vorgaben nicht hergestellt werden. Handelsrechtliche Berichtspflichten bleiben daher – wenn auch in reduzierter Form – neben der aktienrechtlichen Berichtspflicht bestehen.

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Zielsetzung des § 162 AktG ist es, eine transparente Berichterstattung zu gewährleisten. Der Gesetzgeber sieht – in Übereinstimmung mit der Richtlinie – in der aktienrechtlichen Berichtspflicht ein

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„wesentliches Instrument zur Information der Aktionäre, Förderung der Unternehmens- und Vergütungstransparenz einschließlich der Überwachung der Vergütung der Mitglieder der Unternehmensleitung sowie zur Sicherstellung der Rechenschaftspflicht der Mitglieder der Unternehmensleitung. Für die Praxis ist besonderes Augenmerk darauf zu legen, dass der Vergütungsbericht wie auch das Vergütungssystem klar und verständlich abgefasst und somit tatsächlich geeignet sein muss, dem durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen und verständigen Aktionär eine informierte Entscheidung zu ermöglichen. Der Vergütungsbericht muss somit nicht für jedermann, sondern dem durchschnittlichen Aktionär, d. h. einem mit der Materie entsprechend befassten Personenkreis, verständlich sein.“

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Bei der Auslegung der einzelnen Berichtstatbestände des § 162 AktG muss diese Zielsetzung stets berücksichtigt werden – und doch werden vereinzelt Fragen bleiben, wie weitgehend eine Berichterstattung auch vor dem Hintergrund des Transparenzgedankens wirklich geboten ist.

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Nach der Übergangsvorschrift des § 26j Abs. 2 S. 1 EGAktG haben Vorstand und Aufsichtsrat einen Vergütungsbericht nach § 162 AktG erstmals für das nach dem 31.12.2020 beginnende Geschäftsjahr zu erstellen. Vor diesem Hintergrund werden sich die meisten Gesellschaften erstmals für das Berichtsjahr 2021 mit den neuen Regelungen befassen müssen.

I. Begriff der Vergütung
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Der Vergütungsbericht soll auch unter den Regelungen des Aktiengesetzes einen möglichst umfassenden Überblick über die Vergütung der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats geben. Der Begriff der Vergütung soll als „Gesamtheit“ der beiden Definitionen der Gesamtvergütung in § 285 Nr. 9 lit. a Satz 1 bis 3, lit. b Satz 1 und 2 sowie § 314 Nr. 6 lit. a Satz 1 bis 3 und lit. b Satz 1 HGB zu verstehen sein.  Der Begriff der Vergütung ist dementsprechend weit auszulegen. Unter Vergütung sind jedenfalls ...
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 15.11.2021 14:31
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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