Weitere aktuelle Rechtsprechung in Leitsätzen (KW 13)

Hier finden Sie die Leitsätze ausgewählter aktueller Entscheidungen aus dem Unternehmensrecht.

OLG Hamm 6.4.2022, 8 U 73/12
Haftung von Aufsichtsratsmitgliedern einer AG wegen unterlassener Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen Vorstandsmitglieder (Arcandor-Fall)

1. Zur Haftung von Aufsichtsratsmitgliedern einer Aktiengesellschaft wegen unterlassener Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen Mitglieder des Vorstandes.

2. Der Schaden der Aktiengesellschaft, für den die Aufsichtsräte haften und der u.a. in der Belastung mit langfristigen Mietzinsverbindlichkeiten liegt, entfällt nicht unter dem Gesichtspunkt des Vorteilsausgleichs, wenn sich nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft die Mietzinsgläubiger durch Vergleich mit dem Insolvenzverwalter verpflichten, ihre zur Tabelle angemeldeten und bestrittenen Forderungen zum Teil nicht gerichtlich zu verfolgen.
(alle amtl.)

 

KG 28.10.2022, 22 W 53/22
Der Eintragung des Erlöschens der Firma nach § 74 Abs. 1 Satz 2 GmbHG steht es entgegen, wenn gegen die Gesellschaft Klage erhoben worden ist

1. Der Eintragung des Erlöschens der Firma nach § 74 Abs. 1 Satz 2 GmbHG steht es entgegen, wenn gegen die Gesellschaft Klage erhoben worden ist. Dies gilt auch dann, wenn das Sperrjahr nach § 73 Abs. 1 GmbHG bereits abgelaufen ist.

2. Wird die Gesellschaft trotz des Klageverfahrens auf die Anmeldung nach § 74 Abs. 1 Satz 1 GmbHG hin gelöscht, rechtfertigt die unzureichende Liquidation allein eine Löschung der Eintragung im Verfahren nach § 395 FamFG nicht. Es ist vielmehr wie beim Auffinden von Vermögen nach einer Löschung nach § 394 FamFG eine Nachtragsliquidation durchzuführen.
(alle amtl.)

 

BVerfG 24.11.2022, 2 BvR 1424/15
Übergangsregelung vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren im JStG 2010 teilweise verfassungswidrig

1. Das unter dem körperschaftsteuerrechtlichen Anrechnungsverfahren angesammelte Körperschaftsteuerminderungspotential unterfällt in dem Umfang, in dem es im Zeitpunkt des Systemwechsels vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren realisierbar war, dem Schutzbereich von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG.

2. Im Rahmen von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG ist der Gesetzgeber bei der Neuordnung eines Rechtsgebiets zur Umgestaltung der nach früherem Recht entstandenen Rechte befugt, soweit dies durch Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt und der Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gewahrt ist.

3. Die Übergangsregelung des § 36 Abs. 4 KStG (i.d.F. von § 34 Abs. 13f KStG i.d.F. des JStG 2010) ist mit Art. 14 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar, soweit die Vorschrift zu einem Verlust von Körperschaftsteuerminderungspotential führt, weil sie den in § 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG 1999 bezeichneten Teilbetrag des verwendbaren Eigenkapitals nicht in die Verrechnung der unbelasteten Teilbeträge einbezieht. Dies ist zur Erreichung der gesetzgeberischen Ziele nicht erforderlich und mit den Anforderungen des Gleichheitssatzes nicht vereinbar.
(alle amtl.)

 

BFH 16.2.2022, X R 3/19
Zurechnung eines Einkünftetatbestands im Verhältnis zwischen einer Kapitalgesellschaft und deren (Allein-)Gesellschafter; Aktienschwindel; Durchgriff

1. Wird eine Kapitalgesellschaft aus dem betrügerischen Handel mit wertlosen Aktien berechtigt und verpflichtet, so sind die daraus resultierenden gewerblichen Einkünfte grundsätzlich ihr selbst steuerrechtlich zuzurechnen.

2. Ein Durchgriff durch die Kapitalgesellschaft ist grundsätzlich unzulässig und kommt nur unter den Voraussetzungen einer gesetzlichen Ausnahmevorschrift, insbesondere bei Vorliegen eines Scheingeschäfts (§ 41 AO) oder eines Gestaltungsmissbrauchs (§ 42 AO), bzw. der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung diesbezüglich herausgearbeiteten Fallgruppen in Betracht.

3. Eine hiervon abweichende Einkünftezurechnung an den strafrechtlich verantwortlichen (Allein-)Gesellschafter unter dem Gesichtspunkt der Dispositionsbefugnis im Innenverhältnis ist nicht möglich.
(alle amtl.)

 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 28.03.2023 11:50
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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