Weitere aktuelle Rechtsprechung in Leitsätzen (KW 40)

Hier finden Sie die Leitsätze ausgewählter aktueller Entscheidungen aus dem Unternehmensrecht.

OLG München 9.4.2021, 31 Wx 2/19, 31 Wx 142/19
Methodenwahl bei Unternehmensbewertung, Ertragsprognose

1. Der weitgehende tatrichterliche Überprüfungsmaßstab in Spruchverfahren gebietet es, dass das Gericht die zentralen Planungsprämissen und Planzahlen grundsätzlich selbst überprüft. Diesem Prüfungsauftrag wird es nicht gerecht, wenn es sich ohne entsprechende Darlegung der relevanten Tatsachen auf die Schlussfolgerung des sachverständigen Prüfers, die Planung sei im Ergebnis plausibel, zurückzieht.

2. Bei seiner Prüfung hat das Gericht jedoch zu berücksichtigen, dass Planungen und Prognosen in erster Linie Ergebnis einer unternehmerischen Entscheidung der Gesellschaft und dementsprechend nur eingeschränkt darauf überprüfbar sind, ob sie auf einer zutreffenden Tatsachengrundlage und realistischen Annahmen beruhen. Plausible Planannahmen der Gesellschaft dürfen nicht durch andere – ggf. für die Aktionäre günstigere – Annahmen des Gerichts oder anderer Verfahrensbeteiligter ersetzt werden.
(alle amtl.)


OLG Nürnberg 11.8.2021, 12 U 1149/18
Genehmigtes Kapital mit Bezugsrechtsausschluss

1. Eine „isolierte“ Anfechtungsklage gegen einen Hauptversammlungsbeschluss einer Aktiengesellschaft, die sich lediglich gegen die Ermächtigung des Vorstandes richtet, im Rahmen der Ausnutzung genehmigten Kapitals (§ 202 Abs. 1 AktG) über den Ausschluss des Bezugsrechts von Aktionären zu entscheiden (§ 203 Abs. 2 Satz 1 AktG) ist zulässig. Die gleichzeitige Anfechtung auch der Ermächtigung des Vorstandes zur Kapitalerhöhung ist nach dem Rechtsgedanken des § 139 BGB nicht geboten.

2. Die Berichtspflicht des Vorstandes anlässlich des von der Hauptversammlung zu treffenden Ermächtigungsbeschlusses gem. § 203 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 186 Abs. 4 Satz 2 AktG erfordert nicht, dass sämtliche denkbaren Gründe für einen Ausschluss des Bezugsrechts abschließend benannt werden.

3. Ein Hauptversammlungsbeschluss betreffend die Ermächtigung des Vorstandes, im Rahmen der Ausnutzung genehmigten Kapitals über den Ausschluss des Bezugsrechts von Aktionären zu entscheiden, bedarf lediglich insoweit der sachlichen Rechtfertigung, als diese Ermächtigung im wohlverstandenen Interesse der Gesellschaft liegen und der Hauptversammlung allgemein und in abstrakter Form bekannt gegeben werden muss (im Anschluss an BGH v. 23.6.1997 – II ZR 132/93, BGHZ 136, 133 = AG 1997, 465 – Siemens/Nold). Eine konkrete Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses ist vom Vorstand erst im Zeitpunkt seiner Entscheidung über einen solchen Ausschluss aufgrund der ihm erteilten Ermächtigung zu prüfen.

4. Die Regelung des erleichterten Bezugsrechtsausschlusses gem. § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG steht einem Hauptversammlungsbeschluss über die Ermächtigung, im Rahmen der Ausnutzung genehmigten Kapitals (§ 202 Abs. 1 AktG) über den Ausschluss des Bezugsrechts von Aktionären zu entscheiden (§ 203 Abs. 2 Satz 1 AktG), selbst dann nicht entgegen, wenn dieser Beschluss einen Bezugsrechtsausschluss in weitergehendem Umfang, als in § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG geregelt, ermöglicht.
(alle amtl.)


BFH 22.2.2021, IX R 6/20
Veräußerung von Anteilen an einer GmbH in der Sanierungsphase zur Umsetzung der vereinbarten Restrukturierung

Im kaufmännischen Geschäftsverkehr spricht bei Verträgen zwischen fremden Personen eine widerlegbare Vermutung für das Vorliegen eines entgeltlichen Geschäfts.
(amtl.)


FG Sachsen 6.5.2021, 8 K 34/21
Erwerb eigener Anteile durch Kapitalgesellschaft zu einem unter dem auf Erwerbszeitpunkt festgestellten Anteilswert liegenden Preis

1. Die Mitwirkung sämtlicher Miterben einer Erbengemeinschaft an der Abtretung eines zum Nachlass gehörenden GmbH-Geschäftsanteils an die GmbH ohne adäquate Gegenleistung führt zu einer Schenkung i.S.d. § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG zugunsten derjenigen Miterben, die über eine GmbH & Co. KG mittelbar an der GmbH beteiligt sind, soweit es hierdurch zu einer Werterhöhung ihrer Geschäftsanteile an der GmbH kommt.

2. Maßgebend für die Ermittlung der Bereicherung des begünstigten Gesellschafters i.S.d. § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG beim Erwerb eigener Anteile durch die Gesellschaft ist, dass sich der Wert des Anteils des beteiligten Gesellschafters hierdurch erhöht.

3. Auf die Bereicherung i.S.d. § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG sind die Vorschriften nach §§ 13a, 13b ErbStG nicht anwendbar, da die Werterhöhung der Beteiligung kein begünstigtes Vermögen i.S.d. § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG darstellt.
(alle nicht amtl.)

 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 05.10.2021 08:41
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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