Weitere aktuelle Rechtsprechung in Leitsätzen (KW 44)

Hier finden Sie die Leitsätze ausgewählter aktueller Entscheidungen aus dem Unternehmensrecht.

OLG München 5.8.2021, 29 U 2411/21 Kart
Zur Rechts- und Parteifähigkeit einer britischen Limited mit Verwaltungssitz in Deutschland nach dem Brexit

1. Seit dem Vollzug des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union gem. Art. 50 EUV durch Ablauf der Übergangsfrist am 31.12.2020 ist eine britische Limited, die ihren tatsächlichen Verwaltungssitz in Deutschland hat, nach der sog. milden Form der Sitztheorie je nach tatsächlicher Ausgestaltung als GbR, OHG oder – bei nur einer Gesellschafterin – als einzelkaufmännisches Unternehmen zu behandeln.

2. Eine Fortgeltung der Gründungstheorie mit der Konsequenz der fortbestehenden Rechts- und Parteifähigkeit einer britischen Limited trotz tatsächlichem Verwaltungssitz in Deutschland wie unter der Gel-tung der Niederlassungsfreiheit gem. Art. 49, 54 AEUV folgt nicht aus dem Handels- und Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich vom 24.12.2020 (ABl. Nr. L 444/2020 vom 31.12.2020), weil es keine Vorschriften enthält, die ausdrücklich und unmittelbar die Niederlassungsfreiheit gewähren, sondern sich aus seinem Anhang SERVIN-1 Nr. 10 vielmehr ergibt, dass die Parteien des Abkommens die Niederlassungsfreiheit gerade nicht in Bezug nehmen oder vereinbaren wollten.
(alle amtl.)


OLG Frankfurt 23.2.2021, 21 W 134/20
Mitbestimmung im Konzern nach Umwandlung einer AG in eine SE

Streitet die Vermutungsregel des § 17 Abs. 2 AktG für ein anderes Unternehmen, das tatsächlich eine Mehrheitsbeteiligung an dem beherrschten Unternehmen hält, so kann ein herrschender Einfluss durch das Unternehmen mit der Minderheitsbeteiligung nur angenommen werden, wenn die Vermutung des § 17 Abs. 2 AktG für das andere Unternehmen widerlegt wird.
(amtl.)


ArbG München 3.3.2021, 28 BV 216/20
Nichtigkeit der Wahl der Arbeitnehmervertreter zum Aufsichtsrat

Eine Nichtigkeit der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer kommt nur in besonders schwerwiegenden Ausnahmefällen in Betracht. Dafür genügt in der Regel nicht die Durchführung einer an sich unzulässigen Briefwahl oder ein Verstoß gegen das Gebot der öffentlichen Stimmenauszählung. In derartigen Fällen ist die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer jedoch anfechtbar.
(nicht amtl.)


BFH 16.3.2021, II R 10/18
Wegfall des Verschonungsabschlags bei mehrstöckigen Personengesellschaften

1. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer (Unter-)Personengesellschaft, an der eine Oberpersonengesellschaft beteiligt ist, führt nicht zum nachträglichen Wegfall des verminderten Wertansatzes für das Betriebsvermögen der Oberpersonengesellschaft.

2. Der Verschonungsabschlag für den Erwerb eines Anteils an einer Oberpersonengesellschaft kann jedoch nachträglich wegfallen, wenn Wirtschaftsgüter der Unterpersonengesellschaft, die wesentliche Betriebsgrundlagen der Oberpersonengesellschaft darstellen, veräußert oder anderen betriebsfremden Zwecken zugeführt werden. Für die Beurteilung, ob Betriebsgrundlagen der Unterpersonengesellschaft funktional wesentlich für den Betrieb der Oberpersonengesellschaft sind, sind qualitative und quantitative Merkmale heranzuziehen.
(alle amtl.)



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 02.11.2021 12:07
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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