Weitere aktuelle Rechtsprechung in Leitsätzen (KW 20)

Hier finden Sie die Leitsätze ausgewählter aktueller Entscheidungen aus dem Unternehmensrecht.

OLG Celle 7.11.2022, 9 W 87/22
Zur Erstreckung einer Schiedsklausel auf Auskunfts- und Einsichtsrechte eines Gesellschafters

1. Bei der Auslegung einer Schiedsvereinbarung anhand von Wortlaut und Zweck sowie der Interessenlage der Parteien ist im Zweifel zwar davon auszugehen, dass eine Schiedsvereinbarung grundsätzlich weit auszulegen ist.

2. Haben Parteien indes nicht „alle Streitigkeiten unter Gesellschaftern oder zwischen der Gesellschaft und Gesellschaftern“ der Schiedsgerichtsbarkeit unterworfen, sondern die erfassten Streitigkeiten eingeschränkt, etwa auf einen „Zusammenhang mit dieser Satzung oder über ihre Gültigkeit oder Auslegung“, umfasst die Schiedsklausel nach Wortlaut und Sinn und Zweck keine Streitigkeiten über das Auskunfts- und Einsichtsrechts eines Gesellschafters gem. §§ 51a, 51b GmbHG.

3. Im Streitfall könnte im Einzelnen zweifelhaft sein, ob ein Schiedsverfahren über solche Informationsansprüche im Lichte des langwierigen Verfahrens der Bestellung des Schiedsgerichts, das für jedes Verfahren jeweils zu wiederholen wäre, dem rechtsstaatlichen Gebot effektiven Rechtsschutzes gerecht wird.
(alle nicht amtl.)

 

BGH 13.12.2022, XI ZB 10/21
Vorrang der spezialgesetzlichen Prospekthaftung

1. Der Vorrang der spezialgesetzlichen Prospekthaftung gilt auch dann, wenn der Anleger seine Beteiligung erst nach Ablauf der in § 13 Abs. 1 Nr. 1 VerkProspG a.F., § 44 Abs. 1 Satz 1 BörsG a.F. bestimmten Sechs-Monats-Frist gezeichnet hat.

2. Bei den Ausführungen des II. Zivilsenats des BGH zur Reichweite des Vorrangs der spezialgesetzlichen Prospekthaftung im Beschl. v. 25.10.2022 – II ZR 22/22, AG 2023, 202, die von der Rechtsauffassung des XI. Zivilsenats abweichen, handelt es sich um ein bloßes obiter dictum, so dass die Voraussetzungen der Divergenzvorlage nach § 132 Abs. 2 GVG nicht erfüllt sind.
(LS 1 amtl., LS 2 nicht amtl.)

 

BFH 17.8.2022, I R 14/19
Anrechnung ausländischer Quellensteuer

Die im Rahmen der Ermittlung der Höhe der anzurechnenden ausländischen Quellensteuern maßgebende Regelung des § 34c Abs. 1 Satz 4 EStG enthält mit der Bezugnahme auf die „diesen Einkünften zugrunde liegenden Einnahmen“ einen spezifischen Veranlassungsbezug, der den Abzug von Betriebsausgaben und Betriebsvermögensminderungen in sachlicher und zeitlicher Hinsicht begrenzt.
(amtl.)

 

BFH 30.11.2022, VIII R 27/19
Ausschluss des Abgeltungsteuertarifs bei Erfüllung einer Verbindlichkeit einer GmbH durch Aufrechnung gegenüber einem Gesellschafter, der zu mindestens 10 % an der Gesellschaft beteiligt ist

1. Eine Rückzahlung i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG liegt auch dann vor, wenn eine GmbH eine Verbindlichkeit gegenüber einem Gesellschafter dadurch erfüllt, dass sie mit einer ihr zustehenden Gegenforderung aufrechnet.

2. Der Ausschluss des Abgeltungsteuertarifs gem. § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b EStG in der bis zum JStG 2020 geltenden Fassung ist nicht davon abhängig, dass die Erfüllung der Verbindlichkeit der GmbH bei dieser einen gewinnwirksamen Aufwand auslöst.
(alle amtl.)



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 16.05.2023 09:39
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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