Weitere aktuelle Rechtsprechung in Leitsätzen (KW 18)

Hier finden Sie die Leitsätze ausgewählter aktueller Entscheidungen aus dem Unternehmensrecht.

OLG Brandenburg 30.3.2023, 7 W 31/23
Handelsregisteranmeldung durch künftigen Geschäftsleiter

Der künftige Geschäftsführer kann den Geschäftsführerwechsel zur Eintragung in das Handelsregister nicht wirksam anmelden, wenn er zur Zeit der Abgabe seiner Erklärung noch nicht Geschäftsführer ist.
(amtl.)

 

BayObLG 20.1.2023, 102 Sch 115/21
Zur Teilbarkeit der Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs nach isolierter Beschlussfeststellungsklage; Parteierweiterung

1. Teile eines Schiedsspruchs können in einem hierauf beschränkten Verfahren für vollstreckbar erklärt werden, wenn sie gegenüber dem Rest des entschiedenen Streitstoffs einen selbständig abgrenzbaren Teil darstellen.

2. Hat das Schiedsgericht im Verfahren über eine isolierte Beschlussfeststellungsklage zwischen Gesellschaftern einer GmbH und der Gesellschaft mit Wirkung inter omnes positiv festgestellt, dass ein Gesellschafterbeschluss mit bestimmtem Inhalt wirksam gefasst worden ist, steht die Unteilbarkeit des Schiedsspruchs einem Verfahren der Vollstreckbarerklärung entgegen, das nur zwischen Gesellschaftern, nicht aber zwischen Gesellschaftern und Gesellschaft geführt wird.

3. Eine erstinstanzliche Parteierweiterung auf Antragstellerseite im Verfahren über den Antrag auf Aufhebung eines Schiedsspruchs und den Gegenantrag auf Vollstreckbarerklärung ist trotz mangelnden Einverständnisses der Gegenseite im Fall der Sachdienlichkeit zulässig.

4. Im Umfang der Aufhebung eines Schiedsspruchs kann die Sache auch dann an das Schiedsgericht zurückverwiesen werden, wenn nur eine Partei die Zurückverweisung beantragt, sofern keine augenfällige, gravierende Verletzung des rechtlichen Gehörs einer Partei vorliegt und die Zurückverweisung sachdienlich erscheint.
(alle amtl.)

 

OLG Frankfurt 30.6.2022, 5 W 18/22
Widerlegung der Dringlichkeit in gesellschaftsrechtlichem Eilverfahren

1. Angesichts der Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG begründet die Einziehung eines Geschäftsanteils typischerweise die Gefahr der Entwertung der Mitgliedschaftsrechte während der Dauer des gegen den Einziehungsbeschluss gerichteten Klageverfahrens.

2. Der danach grundsätzlich gegebene Verfügungsgrund kann nachträglich jedoch wieder entfallen, wenn der von der Einziehung betroffene Gesellschafter nach Kenntnis von der Beschlussfassung mit einem einstweiligen Verfügungsantrag zuwartet oder das Verfahren nicht zügig betreibt.
(alle nicht amtl.)

 

OVG Nordrhein-Westfalen 12.12.2022, 15 A 2689/20
Verhältnis zwischen Verschwiegenheits- und Berichtspflicht der kommunalen Aufsichtsratsmitglieder

1. Das Akteneinsichtsrecht aus § 55 Abs. 4 GO NRW kann durch zumindest gleichrangige gesetzliche Regelungen über den Schutz von Daten – etwa durch das Steuergeheimnis aus § 30 Abs. 1 und 2 AO oder gesellschaftsrechtliche Verschwiegenheitspflichten – beschränkt oder sogar ausgeschlossen werden.

2. Die Vorschrift des § 113 Abs. 5 Satz 1 GO NRW begründet eine Berichtspflicht i.S.d. § 394 AktG und ist mit dem vorrangigen Bundesrecht des Aktiengesetzes vereinbar. Entgegen einer verbreiteten Meinung lässt sich § 394 AktG nicht entnehmen, dass Bestimmungen nach Satz 3, mit denen eine Berichtspflicht begründet wird, ein besonderes Maß an Vertraulichkeit gewährleisten müssen und dies bei einer größeren Zahl von Berichtsempfängern (etwa allen Ratsmitgliedern einer Gemeinde) von vornherein nicht der Fall sein könne.

3. Die Berichtspflicht nach § 113 Abs. 5 Satz 1 GO NRW erstreckt sich auf alle Angelegenheiten von besonderer Bedeutung, wobei Letztere aus Sicht der Gemeinde, nicht des jeweiligen Unternehmens zu bewerten ist. Von besonderer Bedeutung für die Gemeinde sind jedenfalls diejenigen Angelegenheiten, die nach den kommunalverfassungsrechtlichen Vorgaben zwingend einer Entscheidung des Rates bedürfen.

4. Der Rat ist nach § 113 Abs. 5 Satz 1 GO NRW so frühzeitig zu unterrichten, dass ihm eine Willensbildung und eine diesbezügliche Einflussnahme noch möglich ist, er mithin die Gelegenheit hat, durch sein in § 113 Abs. 1 Satz 2 GO NRW geregeltes Weisungsrecht Einfluss auf die in den betreffenden Gremien anstehenden Entscheidungen ausüben zu können.

5. Wird eine frühzeitige Unterrichtung versäumt, lässt dies die Notwendigkeit einer späteren Information des Rates – auch wenn sich die „Angelegenheit“ erledigt hat – nicht entfallen. Anderenfalls könnten sich die Vertreterinnen und Vertreter der Gemeinden im Aufsichtsrat durch Untätigkeit und Zeitablauf ihrer Berichtspflicht entziehen, was dem Zweck des Gesetzes erkennbar zuwiderliefe.
(alle amtl.)

 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 02.05.2023 11:06
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

zurück zur vorherigen Seite