Aktuell in der AG

Vertretung der AG im Rechtsstreit mit dem Abschlussprüfer (Vetter, AG 2019, 595)

In seinem Urteil vom 20.3.2018 im Fall DTB Deutsche Biogas AG hat der BGH erstmals die Vertretung der AG durch den Aufsichtsrat im Rechtsstreit mit einem nach § 111 Abs. 2 Satz 2 AktG zur Durchführung einer internen Untersuchung beauftragten Sachverständigen bejaht. Der Beitrag geht der Frage nach, ob und inwieweit das BGH-Urteil auch bei der Führung eines Rechtsstreits mit dem Abschlussprüfer von Bedeutung ist, der vom Aufsichtsrat gem. § 111 Abs. 2 Satz 3 AktG beauftragt worden ist.


I. Einleitung

II. Das BGH-Urteil vom 20.3.2018

III. Beauftragung des Abschlussprüfers gem. § 111 Abs. 2 Satz 3 AktG

1. Kompetenz zur Auftragserteilung an den Abschlussprüfer

2. Förmliche Voraussetzungen

IV. Rechtsstreit der AG mit dem Abschlussprüfer

1. Prozessführungsbefugnis im Honorarprozess

2. Prozessführungsbefugnis im Regressprozess

a) Meinungsstand

b) Kritik und eigene Auffassung

V. Exkurs: Beauftragung eines Experten gem. § 111 Abs. 2 Satz 4 AktG zur Prüfung der CSR-Berichterstattung

1. Auftragserteilung durch den Aufsichtsrat

2. Prozessführungsbefugnis des Aufsichtsrats im Rechtsstreit mit dem CSR-Experten

a) Prozessführungsbefugnis im Honorarprozess

b) Prozessführungsbefugnis im Regressprozess

VI. Fazit
 

I. Einleitung

Nach dem klaren Wortlaut von § 78 Abs. 1 Satz 1 AktG liegt die gerichtliche wie auch die außergerichtliche Vertretung der AG gegenüber Dritten in den Händen des Vorstands. Allein im Verhältnis zu Vorstandsmitgliedern bestimmt § 112 Satz 1 AktG, dass ausnahmsweise der Aufsichtsrat die AG gerichtlich wie außergerichtlich vertritt. Ausgehend vom Regelungszweck von § 112 Satz 1 AktG hat der BGH allerdings – ungeachtet des Wortlauts der Vorschrift – die ausschließliche Vertretung der AG durch den Aufsichtsrat auch gegenüber bestimmten Dritten bejaht, nämlich gegenüber ehemaligen und künftigen Vorstandsmitgliedern wie auch im Verhältnis zu den Hinterbliebenen eines Vorstandsmitglieds hinsichtlich ihrer aus dessen Anstellungsvertrag resultierenden Versorgungsansprüche. Schließlich ist § 112 Satz 1 AktG in entsprechender Anwendung auch für die Vertretung der AG gegenüber einer GmbH zu beachten, deren einziger Gesellschafter ein Mitglied des Vorstands der AG ist.

Mit seinem Urteil vom 20.3.2018 im Fall DTB Deutsche Biogas AG hat sich der II. Zivilsenat des BGH nun erstmals mit der Frage der Vertretung der AG gegenüber Dritten außerhalb des generellen Anwendungsbereichs von § 112 AktG befasst. Der BGH bejaht die organschaftliche Vertretung der AG durch ihren Aufsichtsrat im Rechtsstreit mit Dritten abweichend von § 78 Abs. 1 Satz 1 AktG auch in einem Fall, der außerhalb der Personalkompetenz des Aufsichtsrats nach § 112 Satz 1 AktG liegt und seine Überwachungsverantwortung betrifft. Die jüngste höchstrichterliche Rechtsprechung wirft die Frage nach den Auswirkungen auf die Vertretung der AG im Rechtsstreit mit dem Abschlussprüfer auf.

II. Das BGH-Urteil vom 20.3.2018

In dem Rechtsstreit zwischen der beklagten DTB Deutsche Biogas AG und der klagenden Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft, die vom Aufsichtsrat gem. § 111 Abs. 2 Satz 2 AktG als Sachverständige mit der Durchführung einer internen Prüfung beauftragt worden war, ging es um deren Honorar, das nach Auftragsdurchführung nicht gezahlt worden war. Die Klage war gegen die Gesellschaft vertreten durch ihren Aufsichtsrat erhoben worden. In dem Rechtsstreit hatte der Vorstand sowohl den Beitritt zum Rechtsstreit als auch die Genehmigung abgelehnt. Nach Zulassung der auf die Frage der Zulässigkeit der Klage beschränkten Revision hat der BGH entschieden, dass die AG gegenüber dem Sachverständigen im Honorarrechtsstreit vom Aufsichtsrat gerichtlich vertreten wird.

Zur Begründung hat der BGH ausgeführt, dass § 111 Abs. 2 Satz 2 AktG ausgehend von der aktienrechtlichen Kompetenzordnung über die interne Kompetenzverteilung der einzelnen Organe hinaus auch die Grundlage für die Befugnis des Aufsichtsrats zur Vertretung der AG im Außenverhältnis bei der Erteilung von Aufträgen an Sachverständige bilde, denn dem Aufsichtsrat müsse zur Erledigung seiner Aufgaben die Möglichkeit der vorstandsunabhängigen Informationsbeschaffung offenstehen. Andernfalls sei (...)
 


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 20.08.2019 11:15
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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