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Das Vergütungssystem börsennotierter Gesellschaften nach § 87a AktG (Arnold/Herzberg/Zeh, AG 2020, 313)

Der mit dem ARUG II neu geschaffene § 87a AktG macht dem Aufsichtsrat detaillierte Vorgaben zur Ausgestaltung des Vergütungssystems für die Vorstandsmitglieder. Der Beitrag erläutert die neuen Vorgaben zur Vorstandsvergütung und zeigt insbesondere die aus Sicht der Praxis größten Herausforderungen für Aufsichtsräte börsennotierter Gesellschaften bei der Formulierung eines aktienrechtskonformen Vergütungssystems.

I. Einführung

II. Klarheit und Verständlichkeit des Vergütungssystems, § 87a Abs. 1 Satz 1 AktG

III. Angaben im Vergütungssystem nach § 87a Abs. 1 Satz 2 AktG

1. Grundsätze

2. Die Angaben nach § 87a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 11 AktG im Einzelnen

a) Festlegung einer Maximalvergütung (§ 87a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AktG)

aa) Zwingender Bestandteil des Vergütungssystems

bb) Inhaltliche Ausgestaltung der Maximalvergütung

(1) Maximalvergütung für einzelne Vorstandsmitglieder?

(2) Nennen konkreter Zahlen

(3) Anknüpfung an die Gesamtvergütung im Sinne von G.1 DCGK

(4) Zwischenergebnis

b) Beitrag der Vergütung zur Förderung der Geschäftsstrategie und zur langfristigen Entwicklung der Gesellschaft (§ 87a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AktG)

c) Vergütungsbestandteile (§ 87a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AktG)

aa) Erfasste Vergütungsbestandteile

bb) Angabe der relativen Anteile an der Vergütung

d) Leistungskriterien für die Gewährung variabler Vergütungsbestandteile (§ 87a Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 AktG)

e) Aufschubzeiten für die Auszahlung von Vergütungsbestandteilen (§ 87a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AktG)

f) Möglichkeiten der Gesellschaft, variable Vergütungsbestandteile zurückzufordern (§ 87a Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AktG)

g) Aktienbasierte Vergütung (§ 87a Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 AktG)

h) Vergütungsbezogene Rechtsgeschäfte (§ 87a Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 AktG)

i) Berücksichtigung der Vergütungs- und Beschäftigungsbedingungen der Arbeitnehmer bei der Festsetzung des Vergütungssystems (§ 87a Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 AktG)

j) Verfahren zur Fest- und zur Umsetzung sowie zur Überprüfung des Vergütungssystems (§ 87a Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 AktG)

k) Vorlage eines gem. § 120a Abs. 3 AktG überprüften Vergütungssystems (§ 87a Abs. 1 Satz 2 Nr. 11 AktG)

l) Weitere Angaben

IV. Festsetzung des Vergütungssystems (§ 87a Abs. 2 Satz 1 AktG)

V. Abweichungen vom Vergütungssystem (§ 87a Abs. 2 Satz 2 AktG)

1. Voraussetzungen eines Abweichens

2. Sonderproblem Sign-on-Bonus

VI. Ergebnis


I. Einführung

1
Zum 1.1.2020 ist das Gesetz zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie („ARUG II“) in Kraft getreten. Nach dem neu eingefügten § 87a AktG beschließt der Aufsichtsrat einer börsennotierten Gesellschaft ein klares und verständliches System zur Vergütung der Vorstandsmitglieder (§ 87a Abs. 1 Satz 1 AktG), das bestimmte Angaben enthalten muss (Katalog des § 87a Abs. 1 Satz 2 AktG). Dieses Vergütungssystem legt der Aufsichtsrat der Hauptversammlung zur Billigung vor und setzt die Vergütung der Vorstandsmitglieder in Übereinstimmung mit dem vorgelegten Vergütungssystem fest (§ 87a Abs. 2 Satz 1 AktG). Abweichen kann der Aufsichtsrat von diesem System dann nur noch unter den Voraussetzungen des § 87a Abs. 2 Satz 1 AktG.

2
Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die neuen Regelungen zum Vorstandsvergütungssystem unter Berücksichtigung der Begründungen des Gesetzgebers. Dabei werden neben § 87a AktG auch die Vorgaben des DCGK in der Fassung vom 16.12.2019 („DCGK“) berücksichtigt, soweit sie die Ausgestaltung des Vergütungssystems betreffen. Der Beitrag zeigt insbesondere Punkte auf, die aus Sicht der Verfasser – nach Erstellung erster Vergütungssysteme nach § 87a AktG – in der Praxis zu Schwierigkeiten führen und bietet Überlegungen zu einem praxistauglichen Umgang mit den neuen Vorgaben zur Vorstandsvergütung.

II. Klarheit und Verständlichkeit des Vergütungs­systems, § 87a Abs. 1 Satz 1 AktG
3
§ 87a Abs. 1 Satz 1 AktG verpflichtet den Aufsichtsrat einer börsennotierten Gesellschaft, ein klares und verständliches Vergütungssystem für die Vorstandsmitglieder zu beschließen. Vergütungssysteme für Vorstandsmitglieder börsennotierter Gesellschaften sind in der Regel sehr detailliert und komplex. Es stellt sich daher zunächst die Frage, welchen Adressatenkreis der Gesetzgeber im Blick hat, wenn er verlangt, dass das Vergütungssystem klar und verständlich sein muss. Über das Vergütungssystem muss künftig zwingend die Hauptversammlung beschließen (§ 120a Abs. 1 AktG). Wenn der Gesetzgeber ein klares und verständliches Vergütungssystem verlangt, hat er dabei folglich vor allem die Aktionäre im Blick. Für sie muss das Vergütungssystem verständlich sein, damit sie eine informierte Entscheidung treffen können. Auf den durchschnittlichen Empfänger, ohne Vorkenntnisse im Bereich der Vorstandsvergütung, kommt es dagegen nicht an.

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So formuliert die Regierungsbegründung zum ARUG II, der relevante Empfängerhorizont sei „der des durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen und verständigen Aktionärs“. Der im Referentenentwurf noch verwendete Begriff „allgemein verständlich“ sei möglicherweise zu weit. Der Regierungsentwurf unterstreicht, dass ein Vergütungssystem nicht für jedermann verständlich sein muss, sondern für den durchschnittlichen Aktionär, d.h. einen mit der Materie entsprechend befassten Personenkreis. Aufgrund der Komplexität von Vergütungssystemen seien daher „an die klare und verständliche Ausgestaltung keine überzogenen Anforderungen zu stellen“. „Langatmige Ausführungen mit technischen Begriffen“ seien jedoch zu vermeiden, Schaubilder und Beispiele seien unter Umständen sinnvoll. Keinesfalls seien die Grundsätze des Transparenzgebots des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB zu übertragen. Zu beachten ist allerdings, dass ...
 


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 28.04.2020 16:06
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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