Aktuell in der AG

Die Auswirkungen der Neuregelungen zur Vorstandsvergütung im ARUG II auf die börsennotierte Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) (Backhaus, AG 2020, 462)

Das ARUG II hat erneut nicht unerhebliche Änderungen an der Systematik der Vorstandsvergütung der börsennotierten AG und ihrer Transparenz vorgenommen. Dabei hat der Gesetzgeber die Besonderheiten der KGaA nicht berücksichtigt. Der Beitrag untersucht, ob und inwiefern diese Neuregelungen auf die börsennotierte KGaA anzuwenden sind.

I. Einleitung

II. Vergütung und Vergütungspraxis bei der börsennotierten KGaA

III. Anwendung der Neuregelungen zur Vorstandsvergütung auf die börsennotierte KGaA

1. Ausrichtung auf die nachhaltige und langfristige Entwicklung der Gesellschaft (§ 87 Abs. 1 Satz 2 AktG)

2. Vergütungssystem und Maximalvergütung (§§ 87a, 87 Abs. 4 AktG)

a) Vergütungssystem (§ 87a AktG)

b) Maximalvergütung (§§ 87a, 87 Abs. 4 AktG)

3. Vergütungsbericht (§ 162 AktG)

a) Anwendbarkeit

b) Anwendungsfragen

IV. Zusammenfassung und Ausblick


I. Einleitung

1
Durch das ARUG II sind erneut Änderungen an der Systematik der Vorstandsvergütung und ihrer Transparenz vorgenommen worden. Zunächst ist die Vergütungsstruktur der börsennotierten AG nicht mehr auf eine „nachhaltige Unternehmensentwicklung“, sondern auf eine „nachhaltige und langfristige Entwicklung der Gesellschaft“ auszurichten (§ 87 Abs. 1 Satz 2 AktG). Gänzlich neu sind die Erfordernisse des aktienrechtlichen Vergütungssystems (§ 87a AktG) und des aktienrechtlichen Vergütungsberichtes (§ 162 AktG). Hinzu tritt der auf der Zielgeraden des Gesetzgebungsverfahrens gefundene Kompromiss, dass das Vergütungssystem als materielle Regelung eine Maximalvergütung vorsehen muss (§ 87a Abs. 1 Nr. 1 AktG), die durch Beschluss der Hauptversammlung nach unten angepasst werden kann (§ 87 Abs. 4 AktG).

2
Die KGaA ist mit ihren Besonderheiten im Gesetzgebungsverfahren des ARUG II einmal mehr kaum betrachtet worden. Das führt bei den Neuerungen im Bereich der Vorstandsvergütung zu Spannungen zwischen den verbindlichen europarechtlichen Vorgaben der ARRL II einerseits und der Verweisungssystematik des § 278 AktG, der Umsetzung durch das ARUG II und der abweichenden Corporate Governance der KGaA andererseits. Europarechtlich finden die Vorgaben der ARRL II grundsätzlich auf die börsennotierte KGaA Anwendung, weil die ARRL II funktionsspezifisch ausgestaltet ist und für ihre Anwendung die Begebung von Aktien nach nationalem Recht sowie die Zulassung an einem innerhalb der EU gelegenen oder betriebenen Markt genügt (Art. 1 Abs. 1 ARRL II, § 1 Abs. 3 AktG).

3
Die Verweisungsnorm des § 278 Abs. 2 AktG führt für die Rechtsbeziehung zwischen dem persönlich haftenden Gesellschafter und der Gesamtheit der Kommanditaktionäre allerdings in das Personengesellschaftsrecht des HGB. Dieser Verweis in das Personengesellschaftsrecht umfasst grundsätzlich auch die Tätigkeitsvergütung der persönlich haftenden Gesellschafter und fällt damit in die originäre Kompetenz der Hauptversammlung. Unabhängig von der Frage eines grundsätzlichen Vorrang des Verweises in das Personengesellschaftsrecht stößt diesbezüglich auch die Anordnung der sinngemäßen Anwendung des allgemeinen Aktienrechts in § 278 Abs. 3 AktG in ihren Grenzbereich vor, weil die Neuregelungen, soweit hier relevant, eben gerade den Vorstand betreffen, der der KGaA ja gerade fehlt.

4
Der Beitrag untersucht, ob und inwiefern diese Neuregelungen nach Ablauf der Übergangsvorschriften des § 26j EGAktG auf die börsennotierte KGaA (entsprechend) anzuwenden sind.

II. Vergütung und Vergütungspraxis bei der börsennotierten KGaA
5
Die Vergütungspraxis der börsennotierten KGaA ist vielschichtig. Abgesehen von einer möglichen, aber praktisch eher seltenen Gewinnbeteiligung der persönlich haftenden Gesellschafterin über (Kommandit-)Aktien oder eine (personengesellschaftsrechtliche) Sondereinlage an der KGaA, erhält der persönlich haftende Gesellschafter im gesetzlichen Grundfall sowohl eine Haftungsvergütung im Rahmen der angemessenen Gewinnverteilung (§ 278 Abs. 2 AktG, § 168 Abs. 2 HGB) als auch eine ...
 


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 10.06.2020 10:21
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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