BFH v. 12.4.2021 - VIII R 15/18

Zur Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung von Gold-ETF-Fondsanteilen

Der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einem Fonds nach schweizerischem Recht, der sein Kapital allein in physischem Gold anlegt, unterliegt gem. § 19 Abs. 3 Satz 1 InvStG 2004 der Besteuerung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Abs. 4 EStG. Die Veräußerung des Fondsanteils begründet keinen Anspruch auf die Lieferung von physischem Gold.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin erwarb im Jahr 2009 Anteile an einem in der Schweiz von der X-Bank (Bank) aufgelegten Gold Exchange Traded Funds (Gold ETF), die sie im Streitjahr 2015 mit einem Gewinn i.H.v. rd. 26.500 € verkaufte. Bei dem Gold ETF handelte es sich nach dem Verkaufsprospekt der Bank um einen Anlagefonds schweizerischen Rechts (Art "übrige Fonds für traditionelle Anlagen"). Anlageziel des Fonds war es, die Wertentwicklung des Edelmetalls Gold abzubilden. Aus diesem Grund investierte der Fonds ausschließlich in physisches Gold. Anlagen in andere Werte waren nicht vorgesehen. Die Anteile waren jederzeit an der Börse frei veräußerbar.

Nach dem Verkaufsprospekt hatten die Anleger im Fall der Kündigung ihrer Fondsbeteiligung das Recht, statt der Auszahlung des Beteiligungswerts in bar eine Auszahlung in Gold als Sachauszahlung zu verlangen. Die Sachauszahlung war auf die Standardeinheit von Goldbarren mit einem Gewicht von 12,5 kg beschränkt. Andere handelsübliche Einheiten wurden nur auf Antrag und bei Verfügbarkeit mit den im Zeitpunkt der Lieferung gültigen Fabrikationszuschlägen und weiteren Kosten (Prägungskosten, Lieferung, Versicherung, Pönalität für Feinheitsdifferenz etc.) ausgeliefert. Die Depotbank war nicht verpflichtet, einem derartigen Antrag Folge zu leisten.

Das Finanzamt legte im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr den von der Klägerin erzielten Gewinn aus dem Verkauf der Gold ETF i.H.v. 26.500 € erklärungsgemäß als Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S.d. § 20 EStG mit dem für Kapitaleinkünfte geltenden Steuertarif (§ 32d Abs. 1 EStG) der Besteuerung zugrunde. Die Klägerin macht demgegenüber geltend, dass der Verkauf der Fondsanteile wie der Verkauf von physischem Gold zu behandeln und der Gewinn wegen des Ablaufs der einjährigen Spekulationsfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG steuerfrei sei.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision der Klägerin hatte vor dem BFH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Nach § 19 Abs. 3 InvStG 2004 sind Gewinne aus der Rückgabe oder Veräußerung von Anteilen an einer Kapital-Investitionsgesellschaft, die nicht zu einem Betriebsvermögen gehören, als Einkünfte i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG zu besteuern. Nach der Legaldefinition des § 19 Abs. 1 InvStG 2004 sind Kapital-Investitionsgesellschaften alle Investitionsgesellschaften, die keine Personen-Investitionsgesellschaften sind. Unter diesen Auffangtatbestand fallen auch ausländische offene Fonds ohne Rechtspersönlichkeit, die vergleichbar sind mit Sondervermögen, wenn sie nicht als Investmentfonds i.S.d. § 1 Abs. 1b InvStG 2004 und nicht als Personen-Investitionsgesellschaft i.S.d. § 18 Satz 1 InvStG 2004 einzuordnen sind. Diese Voraussetzungen waren vorliegend erfüllt.

Bei den von der Klägerin veräußerten Anteilen des Gold ETF handelte es sich um Anteile an einer Kapital-Investitionsgesellschaft i.S.d. § 19 Abs. 1 InvStG 2004. Der Gold ETF ist als Investmentvermögen i.S.d. § 1 Abs. 1 des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB) zu qualifizieren. Die in dem Fonds angelegten Gelder wurden nach dem Anlageprospekt in Form eines Sondervermögens von einer Kapitalverwaltungsgesellschaft für Rechnung der Anleger verwaltet, so dass es sich um eine Investmentgesellschaft mit variablem Kapital handelte. Dementsprechend war an dem Gold ETF eine unbestimmte Anzahl von Anlegern beteiligt. Die Anteile waren jederzeit an der Börse frei veräußerbar. Es bestand zudem die Möglichkeit, die Fondsanteile an jedem Bankwerktag in A (Schweiz) auszugeben oder zurückzunehmen.

Der Gold ETF ist jedoch nicht als Investmentfonds i.S.d. § 1 Abs. 1b InvStG 2004 zu qualifizieren, da es an der Risikomischung nach § 1 Abs. 1b Satz 1 Nr. 4 InvStG 2004 fehlte. Der Gold ETF legte das Geld der Anleger ausschließlich in Gold an. Die Besteuerung der Veräußerung der Beteiligung an dem Anlagefonds als Kapital-Investitionsgesellschaft richtet sich somit nach § 19 Abs. 3 Satz 1 InvStG 2004 i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG.

Die Klägerin hatte die Anteile an dem Anlagefonds im Privatvermögen gehalten und im Streitjahr mit Gewinn veräußert. Der Gewinn war entsprechend der Regelung des § 20 Abs. 4 EStG zu berechnen. Der Gewinn aus der Veräußerung der Fondsanteile des in der Schweiz ansässigen Fonds war auch im Inland zu besteuern. Die Klägerin war im Streitjahr im Inland ansässig und danach mit sämtlichen Einkünften unbeschränkt steuerpflichtig (§ 1 Abs. 1 Satz 1 EStG). Das DBA-Schweiz stand der Besteuerung des Gewinns in Deutschland nicht entgegen. Denn es weist das Besteuerungsrecht für Veräußerungsgewinne nach Art. 13 Abs. 3 DBA-Schweiz dem Vertragsstaat zu, in dem der Veräußerer ansässig ist, wenn es sich nicht um Gewinne aus der Veräußerung des in Art. 13 Abs. 1 und 2 DBA-Schweiz genannten Vermögens handelt. Diese Voraussetzung waren hier erfüllt.

Vorliegend waren auch die Grundsätze der Rechtsprechung des BFH zur Besteuerung der Veräußerung von Inhaberschuldverschreibungen, die auf die Lieferung von physischem Gold gerichtet sind, nicht anwendbar. Denn der Erwerb und die Veräußerung der Fondsanteile an dem Gold ETF waren nicht wie ein unmittelbarer Erwerb und unmittelbarer Verkauf physischen Golds zu beurteilen, da die Klägerin keinen schuldrechtlichen Anspruch auf die Lieferung des von dem Fonds angeschafften Golds hatte. Dass die in dem Fonds angelegten Gelder ausschließlich in physisches Gold investiert wurden, war insoweit unerheblich.



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 23.08.2021 10:00
Quelle: BFH online

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